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Witzig verspielt Igor Strawinskys "Rake Progress" spielt virtuos mit Versatzstücken der Musikhistorie von Monteverdi, Purcell, Mozart und dem Genre Oper. Der Volksoper gelang eine humorvoll von Dmitry Bertman inszenierte Premiere, Thomas Hengelbrock führt das Orchester sicher durch die Partitur. Eine Schaukel hängt aus dem riesigen Türrahmen im heilen Gartenzwerg-Blumenwiesen-Idyll von Papa und Tochter Truelove. Anne (eine zierliche Akiko Nakajima) liebt Tom Rakewell (tapfer, nicht wüstlinghaft Steve Davislim). Doch der teuflische Diener Nick Shadow (überzeugend Wicus Slabbert) verführt ihn ins sündige London, wo Erbschaft und Lotterleben locken. Huren und andere schrille Gestalten (herausragend Chariklia Mavropoulou als Zirkusattraktion Baba the Turk) verfolgen auf Hartmut Schörghofers bunter Bühne Toms Untergang.

Herz-Königin Anne verhindert seinen Tod, vor dem Irrsinn kann sie ihm nicht retten. Die Schaukel hängt in einem Käfig, Tom glaubt, Adonis zu sein und wartet auf seine Göttin Venus, die Gartenzwerge sind irre geworden. Anne kommt, sie teilt den Wahn nicht. Tom stirbt, der Stern der Liebe bleibt. Frenetischer Applaus.

Isabella Marboe Im Doppelpack Mit zwei aufeinanderfolgenden, faszinierenden Inszenierungen verabschiedete sich Dagmar Schlingmann, seit 1998/99 Schauspieldirektorin am Linzer Landestheater, um ab dieser Saison am Stadttheater Konstanz die Intendanz zu übernehmen. Auf der Bühne der Kammerspiele, angesiedelt in einem hohen Turm mit nur einem einzigen Ein- und Ausstieg, entfesselte sie mit dem "Totentanz" von August Strindberg ein beeindruckendes Ehe-Inferno, in dem Silvia Glogner (Alice), Gunter Rainer (Edgar) und Joachim Rathke (Kurt) miteinander rangen.

Im Großen Haus gelang ihr nicht nur, im Verein mit Ursula Thinnes, eine überzeugende Bühnenfassung des mehrmals verfilmten Erfolgsromans "Die Geierwally" von Wilhelmine von Hillern (als Buch 1875 erschienen), sondern auch eine beklemmende Inszenierung von archaischer Dimension mit der großartigen Silke Buchholz in der Titelrolle. Erwähnt werden sollte auch Alexandra Holtsch, die als DJ in beiden Produktionen mit ihrer intuitiven Musik zur Verdichtung der Atmosphäre beitrug.

Margret Czerni Puppen-Erotik Zum 22. Mal sind die "Internationalen Puppentheatertage" Höhepunkt eines ganzjährigen lebendigen Kulturprogramms in Mistelbach (Weinviertel). Das Publikum pflegt der Einwohnerzahl zu entsprechen: rund 10.000. Der Anteil der Kinder ist überproportional. So hat das Angebot von 29 Theatern zwei Schwerpunkte. Tagsüber sollen die lustigen Personen des Puppen-Welttheaters Spaß machen: Kasperl, Pulcinella, Punch, Polichinelle ... Sie sind viel auf Reisen und wandlungsfähig. Wie ja auch der Festival-Intendant, Olaf Bernstengel, aus Sachsen kommt, wo er noch bis wenige Tage vor Festival-Beginn mit seinem Theater auf Tour war.

Bernstengel entgehen auch Raritäten nicht. So will er im abendlichen Programm für Erwachsene das Thema "Erotik" abhandeln. Da treten eine russische Scheherazade und ein deutscher Blaubart auf, Kokoschka liebt seine "Mona Alma", Boccaccios Geschichten werden lebendig. Sogar die "Drei Tenöre" haben sich in Marionetten verwandelt - ohne die Stimme zu verlieren. Vom 24. bis zum 29. Oktober gibt es 70 Vorstellungen!

Lothar Sträter

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