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Irrelevant

generali foundation, wien

Wohin zuviel Kunsttheorie und kulturwissenschaftliches Begriffsgeklimper führen können, zeigt geradezu schmerzlich die Ausstellung "Die Gewalt ist der Rand aller Dinge" in der Wiener Generali Foundation. Alles was zeitgenössische, europäische Künstler zum aktuellen und brisanten Thema "Militanz" dort präsentieren, schwebt weitab in der Sphäre des Irrelevanten und schwerst Zugänglichen.

Dass man es anders, besser, machen kann, das beweisen bei der Schau nur wenige Künstler, die freilich zeitlich oder örtlich weit entfernt sind: Klassenkämpferische und antifaschistische Holzschnitte aus den dreißiger Jahren von Gerd Arntz oder die an diese Ästhetik anknüpfenden Comics des US-Amerikaners Seth Tobocman; stark vor allem das argentinische Künstlerkollektiv Grupo de Arte Callejero, das vor vier Jahren in Buenos Aires Verkehrszeichen aufstellte, die an die 30.000 Opfer der Militärdiktatur erinnerten und den Weg zu Mördern und Folterern wiesen, die nie für ihre Verbrechen zur Rechenschaft gezogen worden waren. (Bis 21. April)

Michael Krassnitzer

Monumental

rupertinum, salzburg

Das Salzburger Rupertinum zeigt in der Arkadenhalle und im Hof sieben monumentale Skulpturen von Julian Schnabel, die zum ersten Mal in Österreich präsentiert werden. Die Auswahl bildet einen repräsentativen Querschnitt durch das plastische Werk des New Yorker Künstlers. Die kolossalen Bronzen sind aus Fundstücken komponiert. Die Titel oder Themen der beeindruckenden Skulpturen beziehen sich auf Zitate, historische Personen oder Menschen aus dem Umfeld des Künstlers.

So ist etwa "Jacqueline" ein Bildnis von Schnabels Frau, während "Galileos Table" zum heiteren Dechiffrieren einlädt. Die Tischbeine von "Galileos Table" sind Amphoren, die der Künstler recyclet hat: Er hat sie in der 1982 entstandenen Arbeit "Columns" bereits einmal verwendet. Weiters wurde die Gussform einer Amphore zum Sockel für "Napoleon". Eine reizvolle Präsentation, die neugierig auf weitere der sechzig plastischen Arbeiten Schnabels macht. (Bis 21. April)

Heidemarie Klabacher

Zum Davonlaufen

volkstheater in den Bezirken, wien

Man stelle sich die amerikanische TV-Sitcom "Sex in the City" vor, denke sich eine Prise Unterhaltung à la "Theaterstadel" dazu und kann sich ausmalen, womit das Wiener Volkstheater in den Bezirken derzeit sein Publikum abspeist. Gespielt wird Oliver Bukowskis Boulevardkomödie "Naturfreunde".

Der deutsche Autor verführt in diesem absurden Tohuwabohu um gestresste Paarbeziehungen, geradezu zu Klamauk. Viktoria Schuberts Inszenierung nützt die Gelegenheit. Kein Satz, der nicht zur lautstarken Pointe gerät, keine Figur, die nicht drastisch überzeichnet wird. Fritz Hammel und die Regisseurin spielen die beiden betrogenen Ehehälften. Er muss zunächst den Avancen der Nachbarin (Erika Mottl als komische Alte) abwehren. Danach folgen sie ihren Expartnern, einer Großstadtzicke (Piroska Szekely) und einem Naturburschen (Stephan Koch), zur einsamen Berghütte. Ihre Rache ist leidlich witzig. Die Felsen einer Schlucht mit körperwarmen Bächlein sprengend, versperren sie den beiden Seitenspringern den Rückweg in die Zivilisation. Die Katastrophe folgt. Lustig zum Davonlaufen.

Annemarie Klinger

... weil es sich leider nicht Lohnert

Rabenhof, wien

"Wiener Theater? Das Schenk ich mir, weil es sich nicht Lohnert!" Mit Sprüchen wie diesem bewirbt der Wiener Rabenhof sein Programm: "Junges, trashiges Volkstheater" - als Vorbild dient offenbar die Berliner Volksbühne - soll in der ehemaligen Josefstadt-Dependance geboten werden, die seit Jahresbeginn vom umstrittenen Theatermacher Karl Welunschek geleitet wird.

"Österreichs größte Entertainer" nennt sich die Produktion, mit der die Spielzeit eröffnet wurde - ein gepflegter Samstagabend mit Heinz Conrads und den berühmtesten Mördern der zweiten Republik. Aus-schließlich mit Originalzitaten lassen die prominenten Verbrecher tief in die Abgründe der österreichischen Seele blicken, während der charmante Moderator - sein Text ist frei erfunden - verdrängt und verklärt, dass sich das Unterbewusstsein biegt. Auch das eine Studie österreichischer Befindlichkeit.

Eine brillante Idee (Jochen Herdieckerhoff) - die leider in der Umsetzung scheitert. Da ist zum einen die zu wenig ideenreiche Regie Helmut Schödels mit ihren vielen Längen, zum anderen die teilweise laienhafte Darstellung. Kein Vorwurf zu machen ist Florian Scheuba, der eine solide Heinz Conrads-Parodie abliefert und Hubsi Kramar, der sich nach Adolf Hitler eine zweite Rolle ähnlichen Zuschnitts erarbeitet hat, nämlich Franz Fuchs. Nicht zu vergessen Bela Koreny als "Guten Abend am Samstag"-Pianist Norbert Pawlicki. Vor allem aber glänzen Florentin Groll als zombiehafter Jack Unterweger, Heribert Sasse als dämonischer Udo Proksch und vor allem Hilde Sochor als eitle Elfriede Blauensteiner - echte Könner ihres Faches.

Achtung, Kabarettisten: neben erstklassigen Schauspielern droht ihr gewaltig abzustinken!

Michael Krassnitzer

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