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Architektonische Kostbarkeiten in der Hauptstadt Nepals - restauriert auf österreichische Initiative.

Mit diesen betörenden Zeilen, in Marmor gemeißelt, werden die Besucher im schönsten Pavillon im Garten der Träume, einer Oase der Ruhe inmitten des verkehrsumtobten Zentrums von Kathmandu, empfangen. Verfasst hat sie der persische Poet Omar Khayyam, der schon vor fast tausend Jahren Glanzlichter arabischer Poesie setzte. Der Riss, der sich durch die Schrift zieht, war die einzige Beschädigung, die das fürchterliche Erdbeben im Jahr 1934 in dem Park hinterließ, während im ganzen Tal die Häuser in sich zusammenstürzten.

Garten der Träume

Selbst die Naturgewalten hatten ein Einsehen mit diesem Kleinod asiatischer Architektur. Der Garten der Träume und der Keshar Mahal Palast wurden von Feldmarshall Keshar Shumsher Rana, einem Liebhaber der feinen Lebensart und der Poesie, vor etwa hundert Jahren angelegt, nachdem er im Glücksspiel dem König ein Stück Land im Zentrum der Stadt abgeluchst hatte. Lakshmi, der Göttin des Glücks, dankte er, indem er sie in Marmor nachbilden ließ. Um die Skulptur herum entstanden Teiche, Pergolas, Balustraden, eine Volière, wuchsen subtropische Bäume und eine Fülle exotischer Blumen. Die sechs Pavillons symbolisierten thematisch die sechs Jahreszeiten des Landes.

Aber nicht nur der Lenz vergeht. Als Keshar Shumsher Rana vor 40 Jahren starb - er nannte sich selbst Kaiser, in Verehrung für den österreichischen Kaiser Franz Joseph - fiel dieses Meisterwerk neoklassizistischer Landschaftsarchitektur in einen Dornröschenschlaf, und die Anlage verwilderte. Das zusehends verfallende Areal hinter den hohen Mauern diente der Jugend als Gelände zur Erforschung des anderen Geschlechts oder halluzinogener Drogen, das Erziehungsministerium benutzte die Pavillons als Speicher und Mülldepots, Reiher und Fledermäuse fanden in den Bäumen Nist- und Schlafplätze. Mehr als die Hälfte des einzigen Parks Nepals fiel der Spitzhacke zum Opfer.

Auch der traurige Rest einstiger Größe war im Verfall begriffen, als vor sechs Jahren die österreichische Entwicklungsorganisation Eco Himal ein Projekt zur Restauration dieser schlafenden Schönheit startete. Die drei verbliebenen Pavillons wurden behutsam restauriert und mit gastronomischer Infrastruktur ausgestattet. Die Pachterträge der Restaurants sowie die Erlöse von Kulturevents im Garten werden einmal die dauerhafte Erhaltung der Anlage und eine Reihe von Arbeitsplätzen garantieren. Ein gut ausgebildetes Team von Gärtnerinnen wird nach Übergabe des Projektes für die kompetente Betreuung zuständig sein. Für Einheimische wie für Touristen stellt der Garten, der kürzlich eröffnet wurde, eine Attraktion dar.

Modellhaft aufzuzeigen, wie kulturelles Erbe erhalten werden kann, war das pädagogische Ziel dieses Entwicklungsprojektes. Umgesetzt wurden die Arbeiten von dem Team, das schon einen weitgehend zerstörten Königspalast in der Nachbarstadt Patan in ein beeindruckendes Museum verwandelt hatte. Österreichischen Architekten ist es überhaupt zu verdanken, dass Nepals sakrale Bauten 1979 von der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt wurden.

Welterbe Kathmandu Valley

Die jahrhundertealten Paläste, Portale, Innenhöfe und Tempel im Königstal von Kathmandu sind Kulturdenkmäler und architektonische Kostbarkeiten, aber viele sind dem Verfall preisgegeben. Im ganzen Tal, einer Region, in der sich Buddhismus und Hinduismus vermischen, gibt es 2700 Schreine und Tempel. Ihre geomantische Ausstrahlung verbindet sich mit göttlichen Mythen und Legenden, und viele gelten bis heute als Kraftplätze.

Welterbestätten sind die Hauptplätze der drei Königsstädte Kathmandu, Bhakatapur und Patan, die buddhistischen Stupas von Bodnath und Swayambhunath, die Tempelanlagen von Changu Narayan und von Pashupathinath. Sie alle gehören zu den heiligsten Plätzen ganz Asiens und sind beeindruckende Dokumente einstiger Hochkultur.

Kraftplätze alter Kulturen

Die österreichischen Bemühungen zur Erhaltung des kulturellen Erbes sind nicht die einzigen. Die Deutsche Entwicklungshilfe finanzierte in den 1980er Jahren die Erneuerung der gesamten Innenstadt Bhaktapurs, 20 Kilometer von Kathmandu entfernt. Das war ein Meilenstein im Versuch, Welterbe, Restauration und Stadtplanung zu synchronisieren. Der Kathmandu Valley Preservation Trust, eine amerikanisch-nepalesische Stiftung, sowie deutsche und österreichische Restaurationsarchitekten mit einheimischen Fachkräften bewahrten schon etliche Bauten vor dem finalen Kollaps. Zuletzt erfolgte in Zusammenarbeit die Restauration des Itumbaha, einer der schönsten und größten buddhistischen Tempel- und Klosteranlagen in der Altstadt von Kathmandu. Jetzt soll die österreichisch-nepalesische Kulturbeziehung weiter intensiviert werden: nach dem Ende des Bürgerkriegs im Himalaja-Staat ist eine Welterbe-Partnerschaft zwischen Patan und Salzburg im Gespräch. Die Salzburger Erfahrungen im Altstadtschutz werden notwendig gebraucht, und Salzburgs Welterbe-Altstadt könnte ein bisschen exotische Stimmung vertragen.

Szenen einer Großstadt

Kathmandu ist die Drehscheibe des Himalaja-Tourismus und eine sprühende Metropole von etwa einer Million Einwohnern. Als Folge der Demokratisierung und Öffnung des Landes setzte in den 1990er Jahren ein lebhafter intellektueller Prozess und kultureller Höhenflug ein. Zeitgenössische nepalesische Kunst, Theatergruppen und künstlerische Zirkel entstanden, eine junge, englisch publizierende Generation von Autoren erschrieb sich einen Platz in der internationalen literarischen Szene. Diskussionsgruppen trafen sich in Basals, in Teehäusern, wie die Pariser 68er einst im Quartier Latin. Journalisten, Regisseure und Lehrer wurden zu Führungsfiguren der wachsenden zivilen Gesellschaft. Sie zogen junge Leute mit und ertrotzten durch wochenlange Straßenproteste zu Jahresanfang die Entmachtung des Königs.

Eine kritische Öffentlichkeit verfolgt jeden Schritt, der von der Regierung, den Parteien und den Maoisten gesetzt wird. Nach zehn Jahren Bürgerkrieg wurde zwischen den maoistischen Aufständischen und der Regierung ein Friedenspakt geschlossen, eine Reform des Staatswesens scheint mit den Wahlen am 10. April in Reichweite. Auch die Musiker zeigen politisches Bewusstsein, fusionieren die Synkopen von Ost und West, mischen klassische Raga und Dancefloor Sound im Dienste des Friedens vor hunderttausenden Zuhörern.

Kathmandu pulsiert in allen Belangen. Nicht nur der Verkehr ist gewachsen, sondern auch die Bevölkerungszahl, und die Stadt wirkt als kultureller Kristallisationspunkt weit über den Rand des Tales hinaus. Neben den diversen Miss Nepal-Wettbewerben, unzähligen Modeschauen, Cybercafés, internationalen Festivals wie Jazzmandu und anderen Einflüssen, die eine Westorientierung deutlich erkennen lassen und deren Anzeigen oder Berichte die Zeitungsbeilagen füllen, gibt es den Maler Hari Prasad, der in faszinierend anschaulichen Bildern die alten Legenden illustriert. In der Nähe der großen Pagode von Bhaktapur malt Krishna Madhu Chitrakar die schönsten Poubhas und Thangkas, sakrale Rollbilder auf Leinwand. Sie sind Gegenstände höchster Kunstfertigkeit und tiefster Verehrung - bewegliche Altäre. Die Mönche oder die Nomaden auf dem Dach der Welt haben so ihre Götter immer bei sich.

Götter in Reichweite

Sakrale und profane Welt liegen in Kathmandu ganz nah beisammen und werden von den Menschen auch als Einheit gelebt - so hat es jedenfalls den Anschein. Bevor die 30-jährige Sangeeta im Supermarket angesichts der verführerischen Billigwaren aus China in einen Konsumrausch verfällt, geht sie auf einen Sprung in den Ganesh-Tempel nebenan und verrichtet eine kurze Andacht. Den elefantenköpfigen Gott des Glücks an seiner Seite zu wissen schadet nie! Der Taxifahrer verneigt sich und murmelt ein Gebet, wenn er über die Brücke des heiligen Flusses Bagmati fährt - und bescheißt dann seinen Fahrgast mit kosmischer Heiterkeit. Die Menschen haben ihre kulturelle Bodenhaftung noch nicht verloren, und die Kraftplätze im Tal erinnern sie daran, dass sie ihre spirituelle Verwurzelung nicht vergessen sollen.

Information über den Garten der Träume und die österreichische Entwicklungszusammenarbeit in Nepal:

www.asianart.com/gardenofdreams www.ecohimal.org

Der Autor publizierte 2007 das Buch "Auf der Suche nach dem Ort des ewigen Glücks. Kultur, Entwicklung und Tourismus im Himalaja" (Studien Verlag Innsbruck).

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