Kunst zum Niederlegen

Werbung
Werbung
Werbung

Eine Sonderausstellung des Liechtensteinmuseums zeigt kostbares Mobiliar.

Ein Ebenholzschrank mit reichlich ornamentalen Verzierungen. Elegant und faszinierend auf Grund der Spannung zwischen dem dunklem Schildpatt und den hellen Messing- und Bronzeornamenten. Ein Pariser Möbel, das bereits zur Zeit seiner Entstehung um 1700 zum Wertvollsten zählte, was man besitzen konnte. Zugeschrieben wird dieses Prachtstück, das derzeit in einer Sonderausstellung des Liechtensteinmuseums zu sehen ist, keinem geringeren als André-Charles Boulle. Der legendäre Möbel-Künstler, der vor allem für den französischen Hof unter Ludwig XIV. arbeitete, war durch seinen unverkennbaren Stil und seine spezielle Technik (einer Kombination aus Schildpatt und Messing oder Zinn) europaweit bald so gefragt, dass auch außerhalb Frankreichs Boulle-Werkstätten entstanden. Unter anderem in Wien, wo um 1700 herum eine bekannte Werkstatt Betuchte mit Möbeln im Boulle-Stil belieferte. Ein Umstand, dem das Haus Liechtenstein kostbare Stücke wie zwei Boulle-Standuhren verdankt, die durch Ankäufe wie dem phantastischen Pariser Schrank in den letzten Jahren ergänzt wurden.

Ursprünglich wollte der soeben mit dem "OscArt" ausgezeichnete Johann Kräftner lediglich die im letzten Jahr aufwendig restaurierten Stücke präsentieren, entschloss sich dann aber kurzfristig dazu, diese in einen größeren Zusammenhang zu zeigen. So entstand eine kleine, sorgfältig aufbereitete Ausstellung in den drei Räumen des Damenapartments. Über 50 Objekte aus den Liechtensteinschen Sammlungen geben Einblick in die Möbelkunst von der Renaissance bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Johann Kräftner hat sich bisher vor allem durch die Ersteigerung des wertvollen Pietra-Dura-Prachtstücks "Badminton Cabinet" als Möbel-Spezialist einen Namen gemacht, jetzt wird die Bandbreite der Liechtensteinschen Möbelsammlung erstmals vorgestellt.

Die Schreibtische, Spiegel, Uhren, Sessel und Betten unterschiedlicher Stile zeigen, dass Möbel nie nur Gebrauchsgegenstände waren, sondern stets auch das Lebensgefühl einer Epoche spiegeln. Sehenswert sind besonders jene Barockmöbel, die noch mit den Originalstoffen aus der Entstehungszeit tapeziert sind. Zu den reizvollsten Exponaten zählt ein Mitte des 18. Jahrhunderts gefertigtes Sofa einer vierteiligen Garnitur, das ursprünglich in den Eisgrub-Schlössern stand. Es schildert auf Lehne und Sitzfläche bäuerliche Genreszenen im Stil David Teniers des Jüngeren - und ist somit gleichzeitig Möbel und Bildobjekt; durch die Brille der Gegenwartskunst betrachtet eine Art Franz-West-Vorläufer.

"Verstaubte" Kunst

Das Schöne an dieser kleinen Schau ist, dass sie nicht nur perfekt restaurierte Hochglanz-Möbel zeigt, sondern auch "verstaubte" Möbel in dem Zustand zu sehen sind, in dem sie vor kurzem in Depots und auf Dachböden gefunden wurden. So begeistern ein 1850 gefertigter Liegesessel aus der ehemaligen Ausstattung des Schlosses Feldberg oder ein mit Engeln verzierter gesprungener Wandspiegel aus dem späten 19. Jahrhundert gerade auf Grund der Spuren, die die Zeit an ihnen hinterlassen hat.

Zu den Highlights der didaktisch aufbereiteten Ausstellung gehört die Präsentation in der Bibliothek. Hier kann man die verschiedenen Hölzer und Furniere angreifen und sich in den Vitrinen über Restaurierungsmethoden alter Möbel informieren.

Vor dem Hintergrund der derzeit heftig brodelnden Debatte um das Profil der einzelnen Wiener Museen sowie der örtlichen Zusammenlegung von Generali- und Bawagfoundation gibt diese Schau aber auch zu denken Das Liechtensteinmuseum kämpft trotz hoher Qualität mit zu geringen Besucherzahlen und nur eine private Institution kann sich ein derart spezielles und weniger populäres Programm heute überhaupt noch leisten. Schmal angelegte Ausstellungen bringen offenbar zu wenig Besucher in die Museen - während man bei Überblicksausstellungen mit großen Namen Schlange steht. Dabei hat eine Stadt wie Wien Kunstinstitutionen mit spezifischem Profil und Nischenausstellungen - sei es die Generali Foundation mit ihrer Konzeptkunst oder das Liechtensteinmuseum mit seinem Barockschwerpunkt - aber bitter nötig.

Möbel in allen Lebenslagen Rare Dokumente der Tischlerkunst aus vier Jahrhunderten

Liechtenstein Museum

Fürstengasse 1, 1090 Wien

www.liechtensteinmuseum.at

Bis 29. 10. 2007 So 10-17 Uhr

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung