7136786-1997_49_19.jpg
Digital In Arbeit

Die andere — ,entartete' — Kunst

Werbung
Werbung
Werbung

Das Tiroler Landesmuseum zeigt mit der Ausstellung „Abstracta” einen Überblick über die Entwicklung der gegenstandslosen Kunst in den Ländern Österreich, Deutschland und Italien. Die Anfänge der Abstraktion liegen mehr als 100 Jahre zurück. Am Beginn standen Künstlerpersönlichkeiten wie der Brite William Turner und die Franzosen Georges Seurat und Paul Signac. Sie' forderten, daß sich die Kunst freima-chem müsse „von jedem Gedanken an Nachahmung und Kopie der Natur” (Signac), und daher hatte Wassi-ly Kandinsky später, als er 1910 in München das erste erklärte abstrakte Aquarell malte, schon in vielen Ländern Gesinnungsgenossen. Der gebürtige Russe war es aber, der mit seinen theoretischen Abhandlungen den weiteren Verlauf der gegenstandsfreien Malerei wesentlich prägte.

„Abstracta” bezieht sich auf die Kunst der Zwischenkriegszeit, geht aber nur ansatzweise auf ihre vielen verschiedenen Richtungen, wie De Stijl, Futurismus, Suprematismus, Rayonismus und Konstruktivismus, ein. Ihr Ausgangspunkt liegt im Versuch einer Zusammenführung der vielen verschiedenen ästhetischen Ebenen „des Gegenstandslosen”. Zum Vorteil der Ausstellung wurde dabei ein Blick nach Süden geworfen. Im Gegensatz zu Deutschland und Österreich, wo Diktatur und Kunst hart aufeinanderprallten, entsprach die Auffassung in Italien eher den allgemeinen gesellschaftlichen Vorstellungen nach einer „neuen Ordnung”, und es kam durchaus zu Berührungen mit dem Faschismus.

Für das Tiroler Publikum wartet die Schau mit einer kleinen Wiederentdeckung des aus Hall stammenden Architekten und einzigen Tiroler Otto-Wagner-Schülers Hans Fritz (1883-1952) auf: Ab 1919 entwickelte Fritz die „Würfelbühne”, man könnte sie als ein Modulprogramm überdimensionaler Holzbauklötze bezeichnen, die jede Form der Bühnenausstattung ermöglichte. Zuletzt liefert das den Beweis für den großen „spartenübergreifenden” Gesichtskreis der Künstler der Zwischenkriegszeit und erinnert daran, was das Nazi-Regime durch ihre Denunzierung als „entartet” für dauerhafte intellektuelle und ästhetische Verluste im deutschsprachigen Raum erzeugte.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung