„Wir wissen nicht, wohin“: Caspar David Friedrichs Bilder
Vor 250 Jahren, am 5. September 1774, wurde Caspar David Friedrich geboren. Warum wecken seine Gemälde heute noch immer so großes Interesse?
Vor 250 Jahren, am 5. September 1774, wurde Caspar David Friedrich geboren. Warum wecken seine Gemälde heute noch immer so großes Interesse?
Welche „Anmaßung, wenn die Landschaftsmalerei sich in die Kirchen schleichen und auf Altäre kriechen will“! Basilius von Ramdohr, Kammerherr in Dresden, polemisierte 1809 in der Zeitung für die elegante Welt unter dem Titel „Über ein zum Altarblatte bestimmtes Landschaftsgemälde von Herrn Friedrich in Dresden, und über Landschaftsmalerei, Allegorie und Mystizismus überhaupt“ gegen jenen Maler, der mit seinem Gemälde „Das Kreuz im Gebirge“ für großes Aufsehen sorgte und damit in die Kunstgeschichte ebenso eingegangen ist wie der Streit, den sein Bild auslöste.
Was hatte Caspar David Friedrich (1774–1840) da gemalt? Ein Kreuz auf einem Gebirge, hinter dem aus einer nicht sichtbaren Lichtquelle fünf Strahlen in den Himmel führen. Das Bild hat die Form, wie sie bei Altären üblich ist und ist nach oben hin halbkreisförmig abgerundet. Auch der Bilderrahmen wurde von Friedrich selbst entworfen, er gibt dem Gemälde eine gotisierende Form und ist mit religiösen Symbolen geschmückt. Der Rahmen lässt also ein Bild mit religiösem Inhalt erwarten.
Das Gemälde weist tatsächlich typische Merkmale christlicher Ikonografie auf, etwa ein Kreuz – das sich allerdings nicht in der Mitte befindet und auf dem der Corpus nicht nach vorne gerichtet ist –, und in der akribischen Konstruktion und Konstellation ist die Form eines Dreiecks zu erkennen, traditionell ein Symbol für die Dreifaltigkeit.
Aber statt eine religiöse Szene zu erzählen, zeigt Friedrich eine Landschaft. Erhebt er hier die Landschaft in eine religiöse Sphäre? Löscht er die religiöse Historie mit Landschaft aus? Und: Bricht er nicht auch mit einigen Regeln der Kunst?
Keine Abbildung, falsche Perspektive
Denn auch die Landschaft, die Caspar David Friedrich hier darstellte, ist kein Abbild der Natur, sondern eine kunstvolle Konstruktion. „Das Kreuz im Gebirge“, auch Tetschener Altar genannt, ist beileibe nicht das einzige Bild, in dem Friedrich einige Details sehr exakt malte, aber die einzelnen Bestandteile so zusammensetzte, dass weder eine reale Landschaft, die eventuell als Vorbild diente, abgebildet wurde, noch dass die Perspektive stimmt.
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