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Community, kaum wahrgenommen

"Jetzt glaubt ihr, ihr seid im Himmel. Aber wenn ihr in Wien ankommt, dann seid ihr in der Hölle." Diesen Satz aus dem Mund eines "alteingesessenen" Austro-Chinesen hat - vor 26 Jahren kurz vor der Landung in Schwechat - der Neueinwanderer nie vergessen. Der ebenso berührende wie aufschlussreiche Dokumentarfilm "China Reverse" von Judith Benedikt beginnt mit diesem Zitat. Die Filmemacherin begleitet Chinesen hierzulande und lässt sie das schwere Leben vor allem in den China-Restaurants schildern, und wie man mit harter, allzu harter Arbeit sich da nach Jahren zumindest ein wenig existenzielle Atemluft verschaffen konnte. Gleichzeitig boomt in China die Wirtschaft - und wie sehen die Chinesen in Wien das? Einer davon, der in Wien eine Asia-Fastfoodkette etabliert hat, geht zurück - und versucht nun in Fernost, eine Wiener Kaffeehaus-Kette aufzumachen. Ein - in jeder Hinsicht vielsagender - Blick hinter die Kulissen einer hierzulande kaum wahrgenommenen Community ist "China Reverse" gelungen. (Otto Friedrich)

China Reverse

A 2014. Dokumentarfilm von Judith Benedikt. Filmdelights. 91 Min.

Clint Eastwood widersprüchlich

Chris Kyle lebte mit der Waffe, und er starb durch eine. Mehr als eine tragische Randnotiz ist das für Clint Eastwood nicht, eher noch die Gelegenheit zu einem Finale mit dokumentarischem Pathos, wenn er in "American Sniper" dem erfolgreichsten Scharfschützen der US-Militärgeschichte ein Denkmal setzt. Dank einiger kreativer Freiheiten bietet er den Landsleuten einen Helden im sonst verhassten Irakkrieg an. Kyles Autobiografie formt er zur Geschichte eines Hirtenhund-Charakters, der beim Beschützen anderer Soldaten nicht leichtfertig handelt, sondern ein klar benanntes Gegenüber bekämpft, und dem es unangenehm ist, wenn ihn einer Legende nennt. Eastwood liefert effektvolles Kriegskino ab, um an der Heimatfront etwas ungelenker den Mann auszubreiten, der sich durch die Eindrücke und Bedrohungen im Kopf von Frau und Kindern entfremdet -Amerika, du Widersprüchliches. Das passt auch zu Eastwoods Versuch einer erhabenen Erzählung, die letztlich nach allen Seiten instrumentalisierbar ist. (Thomas Taborsky)

American Sniper

USA 2014. Regie: Clint Eastwood. Mit Bradley Cooper, Sienna Miller, Luke Grimes. Warner. 132 Min.

Das große Museum durch Altmeisters Brille

Vs Jahresfrist stellte der österreichische Dokumentarfilmer Johannes Holzhausen auf der Berlinale seine überaus gelungene filmische Hommage ans Wiener KHM, "Das große Museum" (vgl. FURCHE 36/29014), vor. Flugs darauf, in Cannes also, folgte der Altvordere: Frederick Wiseman nahm sich des Londoner "National Museum" an, das nun auch hierzulande ins Kino kommt. Der mittlerweile 85 Lenze zählende Altmeister des Dokumentarfilms klotzt einmal mehr - drei Stunden erscheint für eine cineastische Begegnung mit dem britischen Weltmuseum doch ein üppiges Zeitbudget zu sein.

Aber Wiseman gelingt eine kurzweilige Begegnung mit der Kunst, wie sie sich im National Museum darbietet - der Film folgt den Betrachtern weltberühmter Bilder wie der "Gesandten" von Hans Holbein dem Jüngeren oder etlichen Rembrandts und Leonardos - und er zeigt, wie Kunstvermittlung heute funktioniert. Und zwar in doppeltem Sinn: Denn indem er etwa die Interpretation berühmter Bilder für älteres oder jüngeres Publikum filmt, erweist sich Wiseman seinerseits als Kunstvermittler von hohen Graden. Dass er dabei Überlegungen zu moderner Museums-PR ebenso in den Blick nimmt wie Budgetbesprechungen, macht ihn noch einmal zu einem großen Bruder von "Das große Museum", wo nämliche Fragen auch auf dem Tapet waren. (Otto Friedrich)

National Museum

USA 2014. Regie: Frederick Wiseman. Filmladen. 174 Min.

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