Vergeben und nicht vergessen
"Hier ist jeder willkommen“ lässt die Geistliche Claire den Jungen an der Tür zum Probenraum des multikulturellen Gemeindechores wissen. Was folgt, ist der Versuch einer Aufarbeitung des Anschlags vom 22. Juli 2011 in Norwegen. Regisseur Ramin Gray und Autor David Greig schicken das Stationendrama "Die Ereignisse“ nach der Uraufführung in Edinburgh nun auf Reisen. Auf die deutschsprachige Erstaufführung am Wiener Schauspielhaus wird bald die Premiere in Norwegen folgen.
In Wien wird Claire von Franziska Hackl gespielt, als traumatisierte Überlebende eines Attentats in einem Gemeindehaus irgendwo in Öster-reich begibt sie sich auf die Suche nach Antworten, um endlich verstehen, vergeben oder zumindest wieder Schlaf finden zu können. Ihre Fragen richtet sie an Psychologen, rechtsradikale Politiker, den Schulfreund des Attentäters und schlussendlich an den Täter selbst. Sie alle werden mit vollem Körpereinsatz von Florian von Manteuffel gespielt. Neben den beiden Schauspielern ist bei jeder Aufführung ein neuer Chor dabei, bei der Premiere sind es die Mitglieder des Brunnenchors, die mit Verve ihre Lieder schmettern. Das Konzept aus Gesang, Improvisation und Dialog berührt, bisweilen müssen die Schauspieler aber um Aufmerksamkeit kämpfen. Die Tatorte sind auswechselbar, die Verzweiflung bleibt überall die gleiche, ist das Fazit dieser einnehmenden Inszenierung.
(Christine Ehardt)
Die Ereignisse
Schauspielhaus Wien
7., 8. Dezember
Rossini als billiger Klamauk
Chapeau hätte man bei einer Schüleraufführung gesagt. Mit der Darstellerin der Titelfigur wäre eine Zukunftshoffnung zu entdecken gewesen. Aber Gaia Petrone, die technisch und schauspielerisch souveräne Angelina/Cenerentola, hat man schon aus früheren Produktionen in bester Erinnerung. Diesen Rossini wird man bald vergessen. Nicht nur, weil erst im Frühjahr auch die Wiener Staatsoper eine neue "La Cenerentola“ präsentierte. Selbst wenn die Produktion nicht in allem hielt, was die Papierform versprach, wurde die Oper wenigstens im Original gespielt. Anders in der Wiener Kammeroper.
Hatte man ein anderes, sehr junges Publikum im Auge? Traute man ihm nicht zu, dass es dem simplen Inhalt folgen kann? Denn durch das Stück führt (in einem szenischen Arrangement von Jasmin Solfaghari) Alexander Waechter, der auch den Vorhang zuweilen auf- und zuziehen darf. Angelinas Stiefschwestern Clorinda und Tisbe (bemüht Gan-ya Ben-gur Akselrod und Natalia Kawalek-Plewniak) müssen als unsympathische Hutblumen agieren, Dandini (schwach Ben Connor) im Kostüm (Petra Reinhardt) einer Pop-Ikone auftreten. Andrew Owens’ Prinzen Ramiro fehlte es an souveräner Höhe. Igor Bakan als kranker Don Magnifico und blasser Alidoro kämpfte gegen Indisposition. Konstantin Chudovsky versuchte sich am Pult des bemühten Wiener KammerOrchesters um halbwegs sprühende Italianità.
(Walter Dobner)
La Cenerentola - Kammeroper
29. November, 1., 5., 10., 12., 15., 17., 19., 21. Dezember