Sigmar Gabriel sprach einen wahren Satz: "Alle Umfragen haben gezeigt, dass die Menschen keine Große Koalition mehr wollen.
Für die stehe ich aber in den Köpfen der Menschen." Und deswegen, so der Noch-SPD-Chef, sei "Martin Schulz der geeignete Mann" - nämlich, um die Partei als Kanzlerkandidat in die Bundestagswahlen im Herbst dieses Jahres zu führen. Ob Letzteres stimmt, wird man sehen. Womöglich hat der durchaus kantige Schulz tatsächlich bessere Chancen, Angela Merkel abzulösen. Gabriel jedenfalls zählt zu den durchaus erfreulichen Gestalten der deutschen Sozialdemokratie. Deren österreichische Schwester könnte froh sein, hätte sie die Wahl zwischen Gabriel und Schulz, aber das ist eine andere Geschichte.
Womit Gabriel aber sicher recht hat, und was sich auch direkt auf Österreich übertragen lässt, ist sein Befund über die Große Koalition (wobei Deutschland ja lange nicht so großkoalitionär deformiert ist wie Österreich -bei den Nachbarn ist diese Regierungsform im Unterschied zu uns ja doch eher die Ausnahme).
Die jüngsten Turbulenzen rund um den dieswöchigen Ministerrat haben nur einmal mehr bestätigt, was ohnedies jeder sehen muss, der sich seinen klaren Verstand nicht von Wunschdenken welcher Art auch immer vernebeln lässt: Das wird nichts mehr.
Und das ist gut so. Denn eine Große Koalition sollte (wie in Deutschland, s. o.) bestenfalls die Ausnahme, nicht die Regel sein, die gelegentlich durch Ausnahmen bestätigt wird. Ceterum censeo: Hier regiert zusammen, was nicht zusammen gehört.
Jetzt geht es nur noch darum, wer das Ende dieser Regierung kommunikationstechnisch besser hinbekommt. Erfahrungsgemäß die SPÖ - aber warten wir's ab. Das Ultimatum von Bundeskanzler Christian Kern ist einigermaßen bizarr, denn ÖVP-Vorschläge zu wichtigen Themen liegen ja am Tisch. Dass sich auch die ÖVP auf die Kunst gezielter Provokation versteht, ist indes ebenfalls kein Geheimnis. Vielleicht hören wir ja auch noch einmal, dass man jetzt aber wirklich arbeiten, "liefern" wolle - stets den Wählern verpflichtet. Soll sein. Wir können das getrost durchwinken.
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