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30 Jahre Kulturzentrum bei den Minoriten in Graz.

Wie feiert man einen Geburtstag? Wie sehen die Selbstdarstellungen zum runden Geburtstag einer Institution aus? Die übliche Vorgangsweise zeigt es, die Hauptakteure werden in den Mittelpunkt gerückt. Nicht anders verhält es sich bei "den Minoriten", wie man diese Kulturinstitution seit langem wie mit einem Kosenamen abkürzt. Auch dort stehen die Hauptakteure im Mittelpunkt. Wer aber nun meint, man bekomme auf dem offiziellen Jubiläumsfoto die Konterfeis des momentanen Teams und vielleicht die Gründerväter zu sehen, täuscht sich. Die Entscheidung fiel ganz anders aus, wenngleich auch Hauptakteure im Mittelpunkt stehen, nämlich das Publikum. Wie eine logische Fortsetzung des Barockbildes von Johann Baptist Raunacher im Hintergrund blickt das Publikum im ehemaligen Speisesaal den Betrachtern der Fotografie ins Gesicht, gespannt auf das, was da kommen mag.

Begegnung Kunst und Kirche

Vor dreißig Jahren überzeugten der selbst künstlerisch tätige katholische Priester Josef Fink und der evangelische Theatermann Harald Seuter die Verantwortlichen der Diözese Graz-Seckau, Bischof Johann Weber und Kanzler Johann Reinisch, dass es eine phantastische Sache wäre, aus dem baufälligen Minoritenkloster eine Begegnungsstätte zweier mittlerweile entfremdeter Bereiche zu machen, nämlich zwischen der Kirche und der zeitgenössischen Kunst. Entwickelt hat sich daraus eine Versuchsstation, in der sich diejenigen treffen, die in offener Ausgesetztheit mehr vom Geschmack des Lebens erfahren wollen. Diejenigen, die ihre religiöse Existenz jenseits einer spirituellen Kuschelecke verorten und diejenigen, die ihre Entscheidung für einen künstlerischen Lebensweg jenseits einer hoch dotierten Behübschungsgilde ansiedeln, tauschten und tauschen hier ihre Erfahrungen aus. Da wird Klartext geredet, ohne Schnörkel, darüber, wie die Tagesaktualität mit den großen, überzeitlichen Weltanfragen zusammenhängt, ohne eine der beiden zu vernachlässigen oder sie gar gegeneinander auszuspielen.

Diese Vision, dass die Minoriten eine Versuchsstation vieler Ernstfälle darstellen und damit Kunst wieder kirchlich relevant machen, durchzieht das Programm bis heute. Nach und nach wuchs das Team um Fachkräfte aus den verschiedenen Kunstsparten an, sodass die Besucher aus einem breit gefächerten Angebot schöpfen können. Die Breite kommt genauso angenehm zu Gespür wie die Mischung von internationaler Spitzenkunst mit jungen zukunftsträchtigen Nachwuchskünstlern. Getragen wird dieses Potpourri von einem kompromisslosen Kampf um Qualität, der seinerseits die oben beschriebene Ausgesetztheit vorführt. "Wir schauen nicht auf Besucherzahlen, sondern bieten Widerständigem, Experimentellem, Schrägem, Offenem und Unangenehmem eine Präsentationsbühne", fasst Johannes Rauchenberger, der das Haus seit dem Jahr 2000 leitet, zusammen. Diesen Vorzug von dem, das noch nicht in unzähligen Abhandlung abgeklärt worden ist und somit keine Risiken bei der Präsentation beinhalten würde, gleichen die Minoriten durch Professionalität aus, durch Professionalität in der Organisation und noch mehr durch einen professionellen Blick dafür, was künstlerische Tragfähigkeit besitzt.

Nachwuchstalente

So kuratierten Johannes Rauchenberger und Alois Kölbl im Rahmen der Kulturhauptstadt Graz 2003 mit der Ausstellung "Himmelschwer" einen der Höhepunkte dieses Kulturjahres, die Auseinandersetzung mit dem Phänomen Sport setzte hier im letzten Jahr als "Divine Heroes" nach. Birgit Pölzl versammelte in der Literaturabteilung nicht nur die großen Namen von Friederike Mayröcker, über Alfred Kolleritsch bis Franzobel, sondern holte auch Nachwuchstalente aus allen Erdteilen zu den Minoriten. Ähnlich exquisite Eindrücke bot die zeitgenössische Musik, für die Florian Geßler mit so bedeuteten Leuten wie Peter Ablinger, Beat Furrer oder Nicolaus Huber zusammenarbeitet. Spezielle Höhepunkte ergeben sich auch daraus, dass die Minoriten nicht nur am freien Markt einkaufen, sondern in allen Bereichen auch Auftragsarbeiten zu spezifischen Themen vergeben. Vieles davon ereignete sich im Speisesaal, weil Kunst eben ein Lebensmittel ist.

Programm und Infos:

www.minoritenkulturgraz.at

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