Im Ö1-Morgenjournal und im Wirtschaftsmagazin Saldo wurde wieder einmal eine Zwischenbilanz über den Zustand des immer noch in der Intensivstation befindlichen Patienten "Semmering" gezogen. Die Wintersaison läuft dank der guten Schneelage zufriedenstellend, beim Schilift werden derzeit keine Pannen gemeldet und das Hotel Panhans wird seit zwei Jahren renoviert. Derzeit nicht einmal von Pfuschern, die wie zuletzt vor eineinhalb Jahren von der Polizei durch die Wälder gejagt wurden. Die einzigartige Kulisse des einst so eleganten und von bedeutenden Künstlern geschätzten Kurortes mit seinen Prachtbauten und Hotelpalästen wird nach wie vor nicht bespielt. Zu verantworten hat das die Landesregierung, die ihre kulturellen Interessen und Investitionen seit Jahrzehnten anders verlagert hat. Wichtige Bauten wie das Kurhaus, das Silbererschlössl, das Hotel Stühlinger und das Panhans wurden größtenteils an eine Ukrainische Gesellschaft verkauft und die Verantwortung für die auch architektonisch wertvollen Objekte abgewälzt. Das bedeutendste Baujuwel, das einzigartige Südbahnhotel, wird schon längere Zeit zum Verkauf angeboten. Die Dependancen mit zahlreichen Hotelzimmern wurden schon vor Jahren als Appartements verkauft, so wäre der Bau heute eher als Konferenzzentrum und für kulturelle Veranstaltungen geeignet. Einig sind sich heute alle, dass für das Wiederbeleben des Ortes jedes Konzept, geschweige denn eine Vision fehlt. Dabei ist es "fünf vor zwölf". Wenn das Weltkulturerbe "Südbahn" durch den Basistunnel ersetzt wird und nur noch von Nostalgiezügen befahren wird, könnte das das Todesurteil für den Ort bedeuten. Im Fall Bad Gastein hat die Politik nach jahrzehntelangem Verfall erfolgreich nach kulturinteressierten Investoren Ausschau gehalten. Vielleicht können sich die Verantwortlichen in Niederösterreich ein paar Tipps vom Salzburger Landeshauptmann geben lassen. Eine Kulturschande ist der Semmering schon jetzt.
Der Autor ist freier Journalist