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Auf dem Weg zu einem Konzert der Berliner Philharmoniker überlegte ich, in dieser Kolumne eine Liebeserklärung an Berlin zum Ausdruck zu bringen. Ich notierte: "B., eine Stadt, die gar nicht dazu kommt, sich als Stadt der Musik zu begreifen."

In der Pause fragte mich eine Freundin, ob ich schon bemerkt habe, wie überaltert das Publikum in der Philharmonie sei. "In einigen Jahren wird diese Klassik-Kultur völlig verschwunden sein", sagte sie mitleidlos. Ich zählte ihr Orchester, Dirigenten, Konzert- und Opernhäuser, Ausbildungsstätten und die Orte der alternativen Musikszene auf um ihr die Lebendigkeit der Berliner Szene in Erinnerung zu rufen. Sie lachte nur.

Zwei Stunden danach saßen wir mit dem Journalisten einer deutschen Wochenzeitung im "Felsenkeller" in der Akazienstraße und tranken Rothaus-Bier aus dem Schwarzwald. Er war gekränkt, weil wir keinen seiner "superwichtigen" Artikel beachtet hatten, die er in den letzten Monaten veröffentlicht hatte. Später sagte er: "In ein paar Jahren wird die Zeitungskultur verschwunden sein. Nur alte Leute kaufen noch Zeitungen, die Jungen verwenden bekanntlich ganz andere Informationsquellen." Ich lachte nicht.

Wenn die Zeitungen verschwinden, dann werde auch ich nichts Provokantes mehr erzählen können, keine frechen Vorurteile auftischen, keine Emphase auskosten, keinen Schaum vorm Mund aufblasen, keine Unterhaltung anbieten, keinen Kitsch mehr schön reden. Aber eigentlich wollte ich nur noch einmal von meinem persönlichen Standort Berlin berichten, wo ich seit gut fünf Jahren lebe. Und was das für eine tolle Musik ist, die sie hier machen. Vielleicht sollte ich einfach ein letztes "Tschühüssss!" flüstern und ganz leise verschwinden.

Der Autor arbeitet am Kulturforum der Österreichischen Botschaft Berlin.

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