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Reichenau an der Rax hat bekanntlich nicht nur vielen Schriftstellern als Sommerfrische gedient, sondern – deshalb – auch Eingang in die Literatur gefunden. An die Literaturtradition des Ortes knüpften Michaela und Christian Blazek an, als sie im Vorjahr den „Literaturpreis Wartholz“ ins Leben riefen. Auch heuer lasen von 19. bis 20. Februar in der Schlossgärtnerei Wartholz in Reichenau acht Autorinnen und acht Autoren aus Österreich und Deutschland, im Anschluss wurden ihre Texte von vier Juroren diskutiert.

Die für Autorinnen und Autoren stets unangenehme Situation, auf dem Podium neben einer Jury und vor einem Publikum zu sitzen, während ihre Texte öffentlich der Kritik unterzogen werden, wird in Reichenau ausgeglichen durch die Wohlfühlatmosphäre drumherum. Die Gastgeber versuchen, die jungen Autorinnen und Autoren miteinander und mit den anwesenden Kritikern zu vernetzen, und zwar beim Essen ebenso wie beim Kegeln.

Was diese Veranstaltung von manch anderer unterscheidet: die Vorjury besteht aus Lesern, nicht aus professionellen Literaturkritikern. Das erklärt vielleicht den großen Qualitätsunterschied der ausgewählten gelesenen Texte. Was aber hat das Publikum davon, wenn Kritiker auf einem Podium sich über literarische Texte unterhalten? Es wird im besten Fall Ohrenzeuge, dass es doch so etwas wie Kriterien gibt, die erlauben, die Ästhetik eines Kunstwerkes zu beurteilen.

Meist faire Jury

Was vor laufender Kamera leider oft ausartet in verletzende oder pauschale Urteile, die keiner nachvollziehen kann und vielleicht der Juror selbst auch nicht, wurde hier ohne Kamera recht seriös abgehandelt. Die Juroren Meike Feßmann, Katja Gasser, Hubert Winkels und Bernhard Fetz versuchten, ihre Kritik zu begründen, ohne persönlich verletzend zu werden, sie versuchten, sie verständlich zu machen und zu vermitteln. In manchen Fällen wurden dafür sogar einzelne Sätze und Worte einer genauen Analyse unterzogen. Das bot dem Publikum, darunter auch einige Schüler, und vielleicht auch den sehr jungen Autoren die Möglichkeit, über die eigenen ästhetischen Kriterien nachzudenken. Denn jeder wendet solche an, wenn er sagt: Dieser Text gefällt mir, jener nicht. Soll man ein solches Urteil aber begründen, wird es schnell schwierig.

„Mit sicherer Stimme erzählt Michael Stavaric in seinem Text ‚Geister‘ vom Erwachsenwerden eines jungen Mannes zwischen Geborgenheit und Fremdsein. Auf sachte Weise durchdringen sich reale und imaginäre Welt. Souverän vermittelt er kindliche und erwachsene Perspektive.“ So lautete die Begründung der Juroren, die nach zwei Tagen Lesungen und Diskussionen am 21. Februar den österreichisch-tschechischen Schriftsteller Michael Stavaric mit dem 2. Literaturpreis Wartholz auszeichneten, der mit immerhin 10.000 Euro dotiert ist. Auffällig war bei der Preisverleihung die Präsenz der Lyrik, die sonst ein Schattendasein fristet: der 1976 geborene deutsche Lyriker Christian Schloyer bekam für Gedichte aus dem Zyklus „prismatische spaltung der zebras“ den mit 4000 Euro dotierten „Blazek Garten Preis“, und die 1972 in Köln geborene Andrea Heuser erhielt für Gedichte aus ihrem Zyklus „sitzen in der katze“ ein zweimonatiges Stipendium in Reichenau.

Von den Autorenkollegen mit großem Applaus begrüßt wurde die Entscheidung der Jury, den Newcomerpreis, der eine Publikation im Arovell-Verlag ermöglicht, an die jüngste Teilnehmerin zu vergeben, die 18-jährige Rita Tiemann. Und das Publikum verlieh der deutschen Schriftstellerin Eva Roman den Publikumspreis (2000 Euro).

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