Licht im dunklen Stollen

Werbung
Werbung
Werbung

Eine faszinierende Gotikausstellung im Bergbaumuseum Leogang, Land Salzburg, präsentiert Werke aus österreichischem und internationalem Privatbesitz zum Teil erstmals der Öffentlichkeit.

Die europäische Kunst um 1400 stellt einen jener seltenen Höhepunkte dar, an dem künstlerisches Schaffen und menschliches Empfinden ganz miteinander in Einklang zu stehen scheinen." Diesen Satz schrieb Dieter Großmann 1965 zur Ausstellung Schöner Madonnen in Salzburg. Es folgte 1970 die Vesperbild-Ausstellung "Stabat Mater", und nun bietet das Bergbaumuseum zu Leogang im Salzburger Pinzgau mit "Maria - Licht im Mittelalter" eine Fortsetzung anderer Art ebenso europäischen Zuschnitts.

200 gotische Skulpturen internationaler Spitze entführen in eine Welt, die sicher Ähnlichkeit hatte mit der gegenwärtigen gesellschaftlichen Situation. Kannte man in der frühchristlichen Kunst eher selten Passionsdarstellungen, so haben sich etwa ab der Mitte des 13. Jahrhunderts unerträgliche Gegensätze gesellschaftlicher Art aufgetan: Feudalismus, Reichtum der Klöster auf der einen und eine gar nicht kleine verarmte Bevölkerungsschicht auf der anderen Seite. Die soziale Kluft lud revolutionäre Spannungen auf, zumal in Italien, wo Waldenser und Albigenser für Aufruhr und Unruhen sorgten. Doch diesseits der Alpen war es noch nicht so weit. Die Zeit um 1400 galt als eine Epoche wirtschaftlichen Aufschwungs vor allem auch in Salzburg; der Machtverfall des Erzstiftes begann erst Mitte des 15. Jahrhunderts.

Kunst um 1400

Doch zuvor entfaltete sich eine Kunstperiode von internationalem Rang, die das Schöne liebte und bevorzugte und das Hässliche mied. In der mittelalterlichen Theologie hatte sich nach Ambrosius und Augustinus eine marianische Mystik entfaltet, die im Jahr 431 im anatolischen Ephesos beim Konzilsstreit über Maria als "Gottesgebärerin" (Theotokos) oder als "Christusgebärerin" ihren Ausgang genommen hatte.

Nun sieht man in Leogang aus österreichischem und internationalem Privatbesitz sowie aus Sammlungen aus Österreich, Südtirol und Deutschland Werke, die das Marienleben nachempfinden - von der Verkündigung über Heimsuchung, Geburt Christi und Marientod bis zur Marienkrönung. Da gibt es den Brixener Marientod zu bewundern, eine oberrheinische Geburt Christi, aus der Margarethenkapelle von St.Peter den Marienaltar und die Thronende Maria eines Inntaler Meisters.

Maria und die Bergleute

Warum nun zeigt gerade das Bergbaumuseum Leogang diese Skulpturen, Reliefs und Tafelbilder - zum Teil werden sie sogar zum ersten Mal in der Öffentlichkeit präsentiert? Maria galt auch als große Bergbaupatronin. Also ist es auch nicht verwunderlich, dass viele mittelalterliche Berggruben nach Maria benannt sind. In jener Zeit rief der Berg den Menschen in sein Inneres, der dort Erz gewinnen wollte. Und vor dem Einstieg entzündeten die Bergleute ihre Grubenlampen und flehten alle Heiligen, allen voran Maria, um Schutz an. So wurde ihnen die Gottesmutter zum Licht, und von daher leitet sich auch der Titel der Ausstellung ab.

Nicht zu vergessen ist, dass die Salzburger Bergleute sich bald der Lehre Luthers zuwandten; weil sie die Glaubensentscheidung nach dem Motto "cuius regio, eius religio" (der Herrscher bestimmt die Religion) nicht akzeptieren wollten, gerieten sie mit ihrem katholischen Landesherrn in Konflikt. Die Vertreibung der evangelischen Christen unter Fürsterzbischof Firmian (1731/32) war ein unrühmlicher Schlussstrich, der die Individualisierung im gesellschaftlichen und die Intoleranz im kirchlichen Bereich deutlich machte.

Maria - Licht im Mittelalter

Bergbaumuseum Leogang

bis 31. 10., täglich 11-17 Uhr

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung