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Ist euch, die ihr in Kellern und Hinterzimmern Präge- und Gußstempel zur kriminellen Münzenherstellung bereithaltet, eigentlich bewußt, welche Chancen mit der Einführung des EURO auf euch warten? Da die Gesetzesbrecher bekanntlich den Gesetzeshütern häufig um eine Nasenlänge voraus sind, nehme ich an, daß ihr die neuen und naheliegenden Möglichkeiten bereits erwogen habt und euch darauf einstellt.

Die Vorderseite des EURO-Kleingelds ist EU-einheitlich und nicht gerade facettenreich geprägt. Die Rückseite prägt jeder der elf EU-Staaten nach seiner Fasson, das heißt mit dem jeweiligen Staatswappen. Das wird die heraldischen Kenntnisse der Europäer sehr fördern. Denn jede, in welchem EU-Staat immer geprägte EURO-Cent-Münze, ist in jedem Staat der EU gültig. Es werden daher, sobald der internationale Bargeldverkehr einsetzt, von jeder Münze elf verschiedene Rückseiten-Ausführungen in Umlauf kommen. Da es die Münzen zum Wert von 1, 2, 5, 10 und 50 Cent gibt, bedeutet das 55 verschiedene Münzen. Ha, da wird aber das Sprichwort der Sparsamen, jeden Groschen, bzw. zeitgemäß jeden EURO-Cent, zehnmal umzudrehen, zur praktischen Übung. Wehe den Kurz- und Weitsichtigen, wehe den Trägern schwacher Brillen, den Alten und Unbeholfenen, den Kellnern im Halbdunkel, den flotten Supermarkt-Kassierinnen! Werden sie erkennen und wissen, wie das Wappen von Irland, Portugal oder Holland aussieht? Oder werden sie bei jeder Zahlung in Münzen zuerst ein illustriertes Merk- und Informationsblatt benötigen? Ich fürchte, eine Zeit des großen Mißtrauens bricht an.

Das, liebe Falschmünzer, ist eure Chance! Bei 50 Cent zahlt es sich am besten aus, die entsprechenden etwa dem Wert von 7 Schilling .Die Umrechnerei ist kompliziert genug, wer schaut da schon genau aufs Wappen! Und wie werden das die Münzautomaten der Banken bewältigen, die 50 oder 100 Stück einrollen und nun auf 11 verschiedene Wappen achten müssen? Das wird eine Cent-Fuchserei werden!

Das wirklich große Geschäft freilich ist die Cent-Falschmünzerei noch nicht. So richtig rentabel wird erst der Banknotendruck. Die Tatsache, daß die graphische Ausführung vom Designer der österreichischen Nationalbank kommt, ist zwar ehrenvoll, aber sonst kein Vorteil für Österreicher. Ein Vorteil ist nur, daß es bei den Banknoten keinen Wappenwechsel gibt, daß also die Scheine EU-einheitlich sind. Aber daß die Werte bis zu 500 EURO reichen, das heißt bis zu einem Schillingwert von etwa 7000 Schilling, macht das Fälscher-Risiko schon reizvoll.

Sicherlich, die heutige und moderne Technik der Banknotenherstellung ist raffiniert. Wasserzeichen, Spezialpapier, Kontrollfäden, Knickzeichen, Hologramme und dergleichen bereiten den Fälschern, die etwa bloß mit dem Farbkopierer arbeiten, schon einige Schwierigkeiten. Aber wer sagt denn, daß die Fälschungen so perfekt sein müssen, wenn außer den besonders geschulten Bank- und Kriminalexperten in der Einführungszeit die Leute die Banknoten zum erstenmal in der Hand haben? Das wird jedesmal eine mißtrauische Beäugung und ein Unbehagen sein, wenn so eine EURO-Banknote den Besitzer wechselt. Das Hauptinteresse und die Aufmerksamkeit für Geld, ohnehin ein wenig tugendhaftes Merkmal der Gesellschaft, wird sich noch weiter steigern.

Der Fortschritt des bargeldlosen Zahlungsverkehrs ist möglicherweise ein Ausweg. Die Regierungen, die Geldinstitute und die Medien werden noch einiges an praktischer Informationsarbeit leisten müssen, um den Argwohn vor der ungewohnten Währung zu zerstreuen.

Ja, das Leben wird nicht leichter im nächsten Jahrtausend!

Und wenn man hört, daß heute schon Mafia-Experten jeden gewünschten Reisepaß binnen 24 Stunden perfekt fälschen, so stehen die Chancen für EURO-Fälscher nicht schlecht. Ein Ansteigen der Preise für Farbkopierer wirkt sich hoffentlich auf den Index nicht wesentlich aus.

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