Liebe hinter den Kulissen

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Umjubelte Uraufführung der "Bérénice de Molière" am Wiener Akademietheater: keine Langeweile, wenig Tiefgang.

Hat schon der Film "Shakespeare in Love" flott-unterhaltsam hinter die Theaterkulissen von einst blicken lassen, so servieren nun der aus Prag stammende Schweizer Igor Bauersima und Réjane Desvignes Ähnliches im Wiener Akademietheater: Ihr Stück "Bérénice de Molière", von Bauersima selbst sehr "trendy", aber eine Spur zu oberflächlich inszeniert, kommt beim Publikum von heute bestens an.

Die schmucken Barockkostüme (Johanna Lakner), die Kniebundhosen und Strümpfe, die wallenden Perücken, die auf transparente Stoffbahnen projizierten Bühnenbilder (Bühne: Bauersima und Alexandra Deutschmann) bedienen die Augen. Blitzschnell verlaufen die Szenenwechsel vom königlichen Garten zu den Räumlichkeiten der Dichter oder ins Theater, wo deutlich erkennbar wird, dass auch unserer Zeit ein riesengroßer Spiegel vorgehalten werden soll. Eine wohlklingende, modern instrumentierte Musik erklingt vom ersten Rang und erfreut die Ohren. Das Werk kommt mit fünf Figuren aus: den drei großen französischen Dramatikern des 17. Jahrhunderts Pierre Corneille (Martin Schwab), Jean Racine (Philipp Hochmair) und Jean Poquelin, genannt Molière (Roland Koch), sowie der Prinzessin Henriette d' Angleterre (Dorothee Hartinger) und der Schauspielerin Marquise Duchamps (Sylvie Rohrer).

Im Spiel mischen sich Liebesgeschichten und Bühnensachen. Ohne sich dessen bewusst zu sein, schreiben im Jahr 1670 der alternde Corneille und der junge, aufstrebende Racine, angeregt von der Prinzessin - die wiederum von Molière dazu inspiriert wurde -, zugleich an Dramen über den "Bérénice"-Stoff, bei dem es um Staatsräson, Liebe und Entsagung geht. Diese Inhalte spiegeln sich auch im Leben der Hauptfiguren: Die kunstsinnige Henriette versagt sich am Ende ihre Zuneigung zum erfolgreichen, in sie verliebten Tragödienautor Racine. Molière gewinnt seine alte Liebe und beste Akteurin Duchamps, die zu Beginn Racines Geliebte geworden ist und sich aus Überdruss am Komischen dem tragischen Fach zugewandt hat, für seine Komödiantentruppe zurück. Corneille erleidet im Dramatikerwettstreit und als Verehrer der Duchamps Schiffbruch.

Die "Bérénice de Molière" hat es zum Unterschied von den Werken Corneilles und Racines nie gegeben, sie blieb Igor Bauersima vorbehalten. Er stellt Molière als Drahtzieher der Handlung auf die Bühne und macht damit der Komödie, die sich damals ihren Rang neben der Tragödie erst erkämpfen musste, eine pfiffige Liebeserklärung. Ein geistreicher Text, die rasche Szenenfolge und ein durchgängig komödiantischer Ton lassen in der temporeichen Inszenierung nie Langeweile, aber leider auch wenig echten Tiefgang aufkommen.

Roland Koch agiert als Molière mit viel Witz und Spielfreude und steckt damit seine Kollegen von der Tragödie, den präzise seine Pointen abliefernden Martin Schwab und den mehr den Frauenhelden als den Dichter glaubhaft machenden Philipp Hochmair, fast schon über Gebühr an. Sehr gut machen ihre Sache die Lebensfreude ausstrahlende Dorothee Hartinger und die um totale Ernsthaftigkeit bemühte Sylvie Rohrer.

Das Premierenpublikum genoss sichtlich den unterhaltsamen, kurzweiligen Abend und spendete dem Autor und dem ganzen Team ausgiebig und reichlich Applaus.

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