Limes – eine historische Grenze in neuem Licht

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Der Grenzwall des Römischen Reiches, Limes, wird stückweise UNESCO Weltkulturerbe. Drei Staaten haben dies erledigt, es folgen Ungarn und Slowakei, dann Österreich.

Die Überreste des römischen Donaulimes sollen zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt werden. Den Anfang machen Ungarn und die Slowakei. Auch Österreich strebt den begehrten Schutzstatus an.

Grenzschutz war schon immer ein Problem für Großreiche. Der antike römische Limes löste es in logistischer Perfektion. Seine auch heute noch vertraut klingende Aussage: „Hier kommt keiner herein, den wir nicht haben wollen.“ Auf einer Länge von 5500 Kilometer trennte der Limes die „zivilisierte“ Welt des Imperium Romanum vom außerhalb gelegenen „Barbarentum“. In Gigantomanie dieses Anspruches, kombiniert mit der Konsequenz seiner Umsetzung, übertrifft den Limes höchstens noch die Chinesische Mauer. Heute ist vom einstigen Glanz vergleichsweise wenig übrig. Was noch da ist, soll auch da bleiben, fordern zahlreiche Historiker. Sie haben sich deshalb als internationale Projektgruppe formiert und arbeiten daran, die erhaltenen Monumente des Limes sukzessive zum UNESCO-Weltkulturerbe erklären zu lassen.

Großbritannien machte den Anfang

Etwa 400 Jahre lang, in manchen Regionen auch länger, markierte der Limes die Außengrenzen des römischen Reiches. Ursprünglich diente er dem Militär als Ausfallstraße ins Feindesgebiet. Im Laufe des ersten Jahrhunderts wandelte er sich allmählich zur faktischen Reichsgrenze. Unter den Kaisern Domitian (81–96) und Trajan (98–117) begann man, die entstandenen Strassen und Wege zu befestigen. In regelmäßigen Abständen wurden Legionslager, kleinere Kastelle oder turmartige Wachposten eingerichtet.

Einige hundert Zeugen dieser Ära sind bis heute in unterschiedlichem Erhaltungsgrad vorhanden. Drei Abschnitte des Limes sind bereits in die UNESCO-Liste der Weltkulturdenkmäler aufgenommen. Der Hadrianswall in Großbritannien als erster bereits 1987. 2005 folgte der Obergermanisch-Rätische Limes zwischen Rhein und Donau. Im Juli 2008 erhielt der schottische Antoninuswall den begehrten Status. Jetzt wollen sukzessive die Anrainerstaaten der Donau nachziehen. Anders als die drei bereits unter Schutz gestellten Abschnitte, stellt der Limes im Donauraum jedoch keine durchgehende Befestigungslinie dar. Stattdessen nutzten die Römer weitgehend den Flussverlauf als natürliche Grenze. Geschützt werden können nur die erhaltenen zivilen und militärischen Bauwerke.

Den Anfang machen Ungarn und die Slowakei. Finanziert vom Europäischen Regionalentwicklungsfond im Rahmen des Central Europe Programms besorgt ein internationales Forscherteam unter ungarischer Leitung die wissenschaftlichen Vorarbeiten für eine Antragstellung. Das Projekt läuft unter dem nüchternen Titel „Donaulimes – UNESCO Weltkulturerbe“. Beteiligt sind Österreich, Deutschland, Slowakei, Schottland und Polen. Für einen Eintrag in die UNESCO-Liste der Weltkulturdenkmäler müssen etliche Auflagen erfüllt werden. Grundvoraussetzung ist, dass die zur Anerkennung vorgesehenen Objekte bereits unter nationalem Denkmalschutz stehen. Weiters sind die Monumente penibel in eine Karte einzuzeichnen. Dabei muss die Kernschutzzone sowie eine Pufferzone mit eingeschränktem Schutz (der zum Beispiel sichtbehindernde Verbauung verhindert) definiert werden. Und schließlich ist ein sogenannter Managementplan vorzulegen, in dem ausgeführt ist, wie das Objekt auf Dauer bewahrt werden soll. Neben der wissenschaftlichen Erforschung des Kulturerbes, legt die UNESCO deshalb auch Wert auf die Popularisierung innerhalb der Bevölkerung. Die Idee dahinter: stehen Bürgerinnen und Bürger hinter ihrem Kulturerbe, lässt sich eine spätere Verbauung oder Zerstörung politisch nur mehr schwer durchsetzen. Dennoch gibt es Beispiele dafür. So war den Verantwortlichen der Bau einer vierspurigen Brücke über das Dresdner Elbtal wichtiger als Mitglied im elitären Club der Weltkulturerhalter zu sein. 2009 erkannte die UNESCO dem Elbtal seinen Status deshalb wieder ab.

20 Objekte kommen unter Schutz

„Es ist wichtig, nur die Objekte für den Schutz als Weltkulturerbe einzureichen, die man auch langfristig bewahren kann“, sagt Andreas Schwarcz vom Österreichischen Institut für Geschichtsforschung, das als wissenschaftlicher Berater am laufenden Donaulimes-Projekt beteiligt ist. Spätestens 2012 wollen Ungarn und die Slowakei ihren Antrag bei der UNESCO stellen. Aus den gewonnenen Erfahrungen und Resultaten des Projekts soll auch Österreich bei einer künftigen Einreichung profitieren. Hierzulande kommen rund 35 Objekte für den UNESCO-Schutz in Frage. Etwa 20 davon werden in eine künftige Antragstellung aufgenommen, schätzt Schwarcz. Zu den besonders herausragenden Standorten zählt etwa Mautern (ehemals Favianis) mit seinen weitgehend erhaltenen Stadtmauern und dem Stadttor. Als historische Prunkstücke gelten – nicht nur Experten – auch die mehrere Meter hoch erhalten Kastellrelikte in Traismauer, Zeiselmauer und Tulln. In den vergangenen Jahren haben österreichische Geschichtsforscher eine vollständige Datenbank über alle heimischen Römerfunde entlang des Donaulimes angelegt. Mit Ausstellungen, Vorträgen und der Produktion einer Informations-DVD versuchen sie außerdem in der Bevölkerung Stimmung für den Donaulimes als Weltkulturerbe zu machen. „Ohne öffentliches Interesse besteht jeder Denkmalschutz nur auf dem Papier“, sagt Andreas Schwarcz. Als diesbezüglich schmerzhafteste Erfahrung gilt das Beispiel Schlögen (Ioviacum) in Oberösterreich. An der Stelle des einst recht gut erhaltenen Truppenlagers steht heute ein Hotel. Die wenigen sichtbaren Überreste bieten nicht einmal genug Platz für das Denkmalschutzschild. Wenig bekannt ist auch, dass die allseits anerkannte heimische Archäologie-Perle Carnuntum ursprünglich über einen Tempelberg samt Jupitertempel verfügte. In den 1950er Jahren musste er jedoch einem Steinbruch weichen.

Das offizielle Österreich bekennt sich zu seinem Limes. Auf eine parlamentarische Anfrage nannte Bundesministerin Claudia Schmied 2009 erstmals einen konkreten Termin für die Antragstellung bei der UNESCO. Demnach soll sie am 1. Februar 2012 erfolgen. Das liegt auch im Interesse Oberösterreichs, das den Schutzstatus zur Vermarktung der Landesausstellung 2017 („Römer und Limes“) gut gebrauchen kann. Niederösterreich und Wien haben ebenfalls ihr Einverständnis signalisiert. Ob der Donaulimes als Friedenssymbol fungieren kann, wie das manche Befürworter postulieren, oder doch eher als Mahnmal politischer Abgrenzung, liegt im Ermessen des Betrachters. „Man darf nicht vergessen, dass an den römischen Grenzen mehr Friede als Krieg geherrscht hat“, meint Schwarcz. Er betont den Aspekt des bilateralen Kontaktes zwischen dem Imperium Romanum und seinen Nachbarn. „Hier waren die Märkte, hier hat man sich getroffen. Ideen, Menschen und Waren passierten in beide Richtungen.“ So betrachtet steht der Limes dem Projekt eines friedlich vereinten Europas als Symbol nicht schlecht zu Gesicht.

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