Links = Links und rechts = rechts

Werbung
Werbung
Werbung

Zu den modischen Gemeinplätzen von heute zählt die Behauptung, dass der Gegensatz zwischen "links" und "rechts" überholt sei, ergänzt durch die These, zur gegenwärtigen Politik der westlichen Welt gebe es keine Alternative. Jüngster Anlass für diese Kontroverse: der eu-Gipfel in Brüssel, der die in Maastricht ziemlich willkürlich festgelegten Stabilitätskriterien "aufweichte". Wie kommt Europa aus seiner Rezession? Wie gelingt es der eu, ihren 20 Millionen Arbeitslosen wieder Arbeit zu verschaffen? Solange der Unterschied zwischen "links" und "rechts" negiert wird, gibt es darauf keine Antwort. Die Trennlinie bleibt, wie es der italienische Politphilosoph Norberto Bobbio 1994 formulierte, die Frage der Gleichheit.

Konkret heißt heute "linke Politik", die krassen Ungleichheiten zwischen dem Norden und Süden ebenso wenig hinzunehmen wie die wachsenden Ungleichheiten in den entwickelten Ländern. Wer dagegen die Arbeitslosen in Europa als eine "Begleiterscheinung" der Modernisierung toleriert, wer zuschaut, wie die Polarisierung zwischen Armen und Reichen zu massiven sozialen und politischen Verwerfungen in Osteuropa führt, wer glaubt, dass man in so einer Situation "business as usual" betreiben kann, vertritt eine "rechte" Politik.

Der Disput zwischen den Predigern der neoliberalen Glaubenslehre und den Anhängern einer Rückkehr zu Keynes lässt an Heftigkeit nichts zu wünschen übrig. Aber dieser Disput muss geführt werden - auch in Österreich. Entschieden wird er nicht mehr auf nationaler Ebene - eine politische Union wie die eu erfordert europäische Antworten. Eine gemeinsame Wirtschaftspolitik wäre schon seit Maastricht , seit der Währungsunion, überfällig. Aber auch eine gemeinsame europäische Politik muss sich zwischen "links" und "rechts" entscheiden.

Die Autorin war orf-Journalistin und Dokumentarfilmerin.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung