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Ausweitung des Täterbegriffs

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Alle Fachkritiker nehmen Goldhagens opus magnum durchaus ernst, und die meisten zollen seiner erstaunlichen empirischen Vertiefung im Thema Bewunderung. Diese solide und hochstehende Auseinandersetzung mit Goldhagens „Kollektivschuldthesen" in der internationalen Fachwissenschaft ist hier herauszustreciehn, vor allem im Vergleich mit Rudolf Augsteins untergriffiger Polemik. Sein im „Spiegel" vertretener Vulgärpopulismus, das Ergebnis von Goldhagens „manierlichem Pamphlet" sei „gleich Null", ist wohl eher als Positionierung auf dem deutschen Medienmarkt zu verstehen denn als ernstunehmende Analyse. Die ersten Reaktionen deutscher Fachhistoriker scheinen ähnlich kritisch wie die ihrer amerikanischen Kollegen zu sein, mit. einer Tendenz, „Kollektivschuldthesen" nach 50 Jah-

ren Auseinandersetzung mit dem Holocaust als großen Rückschritt zu betrachten.

Zu wünschen ist, daß Goldhagens gewichtiges Buch auch eine breite Aufnahme in der österreichischen intellektuellen Landschaft erfährt, schneidet er doch Themen zur österreichischen Tätergeschichte an, die zumindest die Fachwissenschaft auf Jahre beschäftigen sollten. Die Erinnerung der österreichischen Kriegsgeneration an den Holocaust ist ja tendenziell so, daß sie davon „nichts gewußt" hat. Eine Auseinandersetzung ihrerseits mit Goldhagens Ausweitung des Täterbegriffs (mindestes hunderttausend haben mitgewirkt, Millionen haben davon gewußt) könnte da zu rüdem Erwachen führen.

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