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Die Vergänglichkeit „unsterblicher Bücher“

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Hexeneinmaleins nennt Hans Heinz Hahnl, Kulturredakteur (der AZ) in Rente, seinen neuen Roman. Er denunziert die höhere Mathematik berechnender Kulturkritik als puren Schwindel. Sie ist ein Aufsitzer, der eine allzu gutgläubige Leserschaft ständig an der Nase herumführt.

Das Einmaleins lautet: mög lichst viel Lärm machen. In der Regel ist es viel Lärm um nichts. Daher läßt Hahnl drei zynische Kritiker ein Literaturgenie erfinden, sie nennen es Tomassoni, und setzten Gerüchte über ihn in die Kritikerwelt, die sofort einsieht, daß da eine Sensation herausschaut. Bald ist das Phantasiegebilde in aller Munde und Schreibe, vom Kathederinhaber bis zum Reporter.

Keiner hat ihn je gesehen, doch er gewinnt Ansehen kraft allgemeiner Nachrede und sogar einen Staatspreis. Mancher berühmt gewordene (oder gemachte) Schriftsteller wird beim Namen genannt. Kritikerkollegen werden, kollegialerweise, unter einem leicht zu entschlüsselnden Pseudonym gefrozzelt.

Spaß beseite: Der Humor ist bitter; er hat eine ernste Seite. Es ist in der Tat (um nicht zu sagen: in der Untat) seit langem so, DCIß Novitäten rasch veralten. Als unsterblich rezensiert, werden sie schon in der nächsten Saison verramscht. Unser Pensionist pensioniert radikal die aktive Prominenz und stellt den Ruhm künstlich erzeugter Berühmtheit Frage. ^

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