Eginald Schlattner - © Foto: Kristian Schuller

"Drachenköpfe" von Eginald Schlattner: „Im Urteilen sind wir groß“

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Inspiriert durch Iris Wolffs Erzählung „Drachenhaus“, begibt sich Eginald Schlattner in seinem jüngsten, autobiografisch geprägten Roman zurück ins siebenbürgische Kronstadt der frühen 1960er Jahre.

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Inspiriert durch Iris Wolffs Erzählung „Drachenhaus“, begibt sich Eginald Schlattner in seinem jüngsten, autobiografisch geprägten Roman zurück ins siebenbürgische Kronstadt der frühen 1960er Jahre.

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Kaum jemand fände Eginald Schlattners Rothberg/­rumänisch Roșia erwähnenswert, hätte er nicht auf seinem evangelischen Pfarrhof wuchtige Romane verfasst, in denen laut Sigrid Löffler „die Geschichte der Siebenbürger Sachsen exemplarisch aufgehoben“ ist. Wie er seinem Diarium anvertraut, das seinem Roman „Drachenköpfe“ eine eigenwillige Struktur verleiht, wird er durch die Lektüre von Iris Wolffs Erzählung „Drachenhaus“ von Erinnerungen heimgesucht. Ohne dass sie einander je persönlich begegnet sind, gelingt über eine Generation hinweg der literarische Handschlag zwischen ihr, der früh emigrierten, aus siebenbürgischen Versatzstücken schöpfenden Pfarrerstochter, und ihm, dem sesshaften spätberufenen Geistlichen und arrivierten Verfasser authentischer Werke. Wolffs „Drachenhaus“ ist ein ihm bekannter Schauplatz, berührt es doch ein biografisches Kapitel, das er nun seiner Leserschaft als Eingeständnis ungesühnter Schuld vorlegt, aber mahnt: „Im Urteilen sind wir groß.“

1961 kauert der junge Ich-Erzähler, der den Autor vertritt, sorgenvoll auf einem Meilenstein im siebenbürgischen Kronstadt. Was soll aus ihm, dem schon früh literarisch Ambitionierten, nach über zwei Jahren Securitate-­Haft Entlassenen noch werden? Wegen seiner gutbürgerlichen Herkunft von Ceaușescus ­Regime als suspekt eingestuft, kann er mit keinem Deus ex Machina rechnen. Und mit seinem Schöpfer, an dem er während seines bald abgebrochenen Theologiestudiums fast irre geworden ist, ebenso wenig. Eine Gymnasialliebe, Anita Mirjam, wird sein rettender Engel, indem sie den Unbehausten vom Stein aufliest, ihm zu einer Stube im Haus mit Drachen­köpfen als Traufenzier verhilft und ihn dort auch spirituell betreut.

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