
Theodor Haecker: Die heroische Tatkraft des Willens
Vor genau 75 Jahren, am 9. April 1945, starb Theodor Haecker - katholischer Kulturphilosoph, Essayist und geistiger Mentor der Geschwister Scholl. Zum Gedenken.
Vor genau 75 Jahren, am 9. April 1945, starb Theodor Haecker - katholischer Kulturphilosoph, Essayist und geistiger Mentor der Geschwister Scholl. Zum Gedenken.
Mitten in Hitlers Krieg, zwischen 1942 und 1943, versammelte sich in München regelmäßig eine gleichgesinnte Freundesrunde, um im geheimen Widerstand gegen die Herrschaft des NS-Diktators geistig Kraft zu schöpfen. Anwesend waren, neben dem später hingerichteten Psychologieprofessor Kurt Huber und Carl Muth, dem Herausgeber der katholischen Monatsschrift Hochland, zumeist auch die Geschwister Hans und Sophie Scholl, die als Studenten die Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ gegründet hatten. Gastgeber der klandestinen Zusammenkünfte war der katholische Kulturphilosoph und Essayist Theodor Haecker, der im Dritten Reich seit 1936 mit Auftritts- und ab 1938 auch mit Publikationsverbot belegt war.
Haecker war der geistige Mentor von Hans und Sophie Scholl, die seinen regimekritischen Worten und Schriften die Parolen ihrer Flugblätter entnahmen, mit denen sie zum Aufstand des Gewissens wider die „Herrschaft des Antichrist“ aufriefen. „Seine Worte fallen langsam wie Tropfen, die man schon vorher sich ansammeln sieht, und die in diese Erwartung hinein mit ganz besonderem Gewicht fallen“, schrieb Sophie Scholl am 7. Februar 1943 an ihren Verlobten Fritz Hartnagel über Haecker. „Er hat ein sehr stilles Gesicht, einen Blick, als sähe er nach innen. Es hat mich noch niemand so mit seinem Antlitz überzeugt wie er.“
Zwei Wochen später waren Hans und Sophie Scholl tot, hingerichtet durch das Fallbeil, nachdem sie beim Verteilen der Flugblätter in der Münchner Universität überrascht und verhaftet worden waren. Haecker war der Verhaftung durch die Gestapo nur durch die Geistesgegenwart seiner Tochter entgangen, die bei einer Hausdurchsuchung seine ab 1939 geheim geführten „Tag- und Nachtbücher“ kurzerhand als „Klaviernoten“ an sich genommen hatte. Darin hatte der aus Glaubensgründen radikale Hitler-Gegner etwa notiert: „Am 30. Januar 1933 haben wir als Volk die Apostasie erklärt. Seither sind wir als Volk auf dem falschen Weg, auf der falschen Seite.“
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