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Vom Rosenzüchter zum Verleger

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In ihren Lebenserinnerungen erzählt Alma Mahler, wie sie eines Tages — es war im Hungerjahr 1923 —, dem jungen Paul Zsolnay von einem Werk erzählte, das Franz Werfel soeben abgeschlossen hatte. Paul Zsolnay, damals wohlhabender Grundbesitzer, Landwirt und Rosenzüchter, war den Eltern Alma Mahlers freundschaftlich verbunden und übertrug diese Freundschaft bald auch auf die Tochter und deren Gatten (später hat er dann Anna Mahler, die Tochter Almas, geheiratet). Das Buch, um das es sich damals handelte, hieß „Verdi — Roman der Oper", und Zsolnay sagte: „Wenn du mir den Verdi-Roman von Franz Werfel bringen könntest, baue ich auf diesem Buch einen Verlag auf.“ Einige Jahre später erschienen im Zsolnay- Verlag auch die von Alma Mahler herausgegebenen Mahler-Briefe und der Faksimile-Druck der Skizzen zu Mahlers zehnter Symphonie.

Spricht man von einem Verleger, so interessieren weniger sein persönliches Schicksal und sein Lebensweg, sondern die Autoren, denen er zur Geltung ver- holfen und die Bücher, welche er herausgebracht hat. Paul Zsolnay war einer der wenigen österreichischen Verleger, die sich vorgenommen hatten, die zeitgenössischen österreichischen Dichter und Schriftsteller zu fördern. So wurde sein Ruhm der seiner Autoren. Eine lange Reihe bedeutender Namen kann hier genannt werden: Franz Werfel, Max Brod, Arthur Schnitzler, Franz Karl Ginzkey. Lemet-Holenia, F. Th. Csokor, Egmont

Colerus, O. M. Fontana, Roda-Roda, Friedrich Schreyvogel, Felix Braun, Friedrich Lorenz, Leo Perutz, Alma Holgersen, Robert Neumann, Ernst Weiss, E. H. Rainalter, Hans Kalten- eker, Oskar Jelinek, Fritz Hochwälder, Paula v. Preradovic, Felix Salten sowie zahlreiche jüngere Autoren.

Neben diesem „Hauptanliegen“ Paul Zsolnays kamen aber weder die Wissenschafter noch bedeutende deutsche und ausländische Autoren zu kurz. Nennen wir von den ersteren nur Martin Gusinde, Albert Einstein und den österreichischen Nobelpreisträger Erwin Schrödinger, von den letzteren, aus dem deutschsprachigen Raum, den Balten Frank Thiess, Emil Ludwig, Julius Meyer-Gräefe, Eduard Stucken, Heinrich Mann und Kasimir Edschmid. Durch zum Teil sorgfältige Übersetzungen ist eine lange Reihe ausländischer Autoren bei uns und in Deutschland heimisch geworden: Graham

Greene, H. G. Wells, Theodore Dreiser, Roger Martin du Gard, Sinclair Lewis, Pearl S. Buck, John Galsworthy, A. J. Cronin, Bertrand Rüssel und viele andere, die nicht zuletzt infolge der Massenauflagen des Zsolnay-Verlages Weltgeltung erlangt haben.

Als er starb, war Paul Zsolnay 66 Jahre alt. Sein Werk, seine Leistung lebt fort in den Millionen Büchern, die er veröffentlicht hat, und im Gedächtnis vieler Freunde, die er unter den Dichtem hatte, und bei allen jenen, die ihm einmal begegnet sind.

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