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Ich versuchte meinem Freund zu erklären, was ich so alles tue, wobei ich mich engagiere, und dass es schwierig sei, die verschiedenartigen Arbeiten zu bündeln; dass ich angefragt werde, da und dort aufzutreten, dass ich im "Ruhestand" unruhiger unterwegs sei als davor. Mein Freund hörte aufmerksam zu und sagte dann: "Hast du schon einmal versucht, nichts zu tun?"

Diese Frage war ein verkappter Ratschlag, wie ich ihn nicht erwartet hatte. Wir saßen im Kaffeehaus, jeder Gast vom Nachbartisch hätte uns zuhören können. Ich schaute mich vorsichtig um. Nichtstun ist unanständig. Um solchem Unfug vorzubeugen, gibt es das ams. Wenn man einem Arbeitslosen schon keinen Job verschaffen kann, zwingt man ihn wenigstens, einen Kurs zu besuchen. So lautet auch das Argument gegen die Idee, allen Bürgern ein Grundeinkommen auszuzahlen: Da könnten ja manche nichts tun. Gegen bessere Einsicht glauben die Regierenden immer noch, zur Vollbeschäftigung zurückkehren zu können. Natürlich wissen sie, dass sie einer Schimäre anhängen. Aber dieser Irrglaube dient ihrer Psychohygiene: Die Vorstellung, es könnten Menschen im Lande einfach nichts tun, ist ihnen unerträglich.

Beim Studium der Urlaubsangebote fällt auf, dass anständige Touristenorte mittels Beratern und Animateuren das Nichtstun verhindern. Es könnte ja sein, dass einem Feriengast, der nichts zu tun hat, etwas einfällt, was bisher weder staatlich noch von Seiten der Fremdenverkehrsindustrie vorgesehen war. Muße, sagt ein altes aufgeklärtes Sprichwort, ist aller Laster Anfang.

Ich habe einen Ferienort gewählt, wo nichts los war. Niemand hat mich animiert, es war total langweilig. Ich habe mich prächtig erholt. Und mir ist einiges eingefallen; aber ich werde mich hüten, darüber in der Zeitung zu schreiben.

Der Autor ist freier Publizist.

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