Macht bringt Pracht

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Die Familie der Medici bestimmte vier Jahrhunderte europäischer Geschichte mit.

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Die Familie der Medici bestimmte vier Jahrhunderte europäischer Geschichte mit.

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Laßt die Medici in ihren Marmor- und Porphyrsärgen in Frieden ruhen, denn sie taten mehr für den Ruhm der Welt als alle anderen Fürsten oder Kaiser." Es ist Alexandre Dumas der Ältere, dem wir diese Verteidigung einer Familie zu verdanken haben, die die Wirtschafts-, Politik- und Kunstgeschichte Europas rund vier Jahrhunderte mitbestimmte. Von 6. März bis 6. Juni wird im Wiener Palais Harrach die Ausstellung "Die Pracht der Medici, Florenz und Europa" das besondere Verdienst der Florentiner Familie als Kunstmäzene thematisieren. Die aus München kommende Schau wird um 90 Wiener Exponate aufgewertet. Unter diesen befinden sich Objekte aus der Kunstkammer, die sonst nur selten zugänglich sind und nicht auf Reisen geschickt werden dürfen.

Aus der Familie Medici gingen Bankiers mit ausländischen Niederlassungen und hohe geistliche Würdenträger hervor, darunter drei Päpste. Von freien unabhängigen Bürgern der Stadt Florenz stiegen sie zu erblichen Fürsten auf. Durch ihre geschickte Heiratspolitik verstanden sie es, sich mit den ersten Häusern Europas zu verschwägern, wie dem französischen Königshaus und der österreichischen Linie der Habsburger.

Drei Begriffe lassen sich mit diesem Namen verbinden: Geld, Macht, Kunst. Sind Geld und Macht längst vergangen, so gehört das, was an Kunstwerken zur Demonstration von Reichtum und Macht geschaffen wurde, heute zu den erlesensten Schätzen der großen Museen. Paläste, Villen und Gärten, Kirchen, Klöster, Brunnen, ja ganze Straßenzüge wie in Rom, wurden in ihrem Auftrag gebaut, intarsierte Möbel, Kleinkunst, Gemälde und Skulpturen für sie gemacht. Sie scharten auch Dichter, Literaten und Gelehrte um sich.

Sie gaben den besten Künstlern, Kunst- und anderen handwerkern Arbeit und erfreuten sich an deren Ergebnissen. Und diese Eigenschaft unterscheidet sie grundlegend von den heutigen Finanzmagnaten, die es vorziehen, lediglich fiktive Werte zu vermehren.

Florenz, so wie wir diese toskanische Stadt lieben und sehen, haben wir doch zum Teil auch diesen Medicis zu verdanken. Die letzte von ihnen, die 1743 gestorbene Anna Maria Luisa, verfügte in einem Schriftstück, daß die wertvollen Kunstschätze der Medici für immer in Florenz verbleiben müßten, um von der Größe und ruhmreichen Vergangenheit zu zeugen und um Fremde anzulocken. Hätte sie diesen Wunsch nicht so festgelegt, wären die Florentiner Sammlungen heute wahrscheinlich zumindest um einige Attraktionen ärmer.

Intrigen und Dichtung Die Familie Medici stammte ursprünglich aus dem Mugello. Als Ahnherr wird Giovanni di Bicci (1360 bis 1429) genannt, dessen Reichtum darauf beruhte, daß er Bankier des Heiligen Stuhls war. Sein Sohn Cosimo il Vecchio, der Alte (1389 bis 1464), verstand es durch Intrigen die Geschicke von Florenz zu lenken, ohne je ein öffentliches Amt zu bekleiden und auch seine Konkurrenten auf wirtschaftlichem Gebiet auszuschalten. Die Interessen des "Pater Patriae" gingen über Ökonomie und Politik hinaus. Michelozzo erstellte die Pläne für den Palast in der Via Larga, die Kapelle wurde von Benozzo Gozzoli dekoriert und Donatello schuf für den Innenhof den Bronzedavid, der als erste Freiplastik der Frührenaissance gilt. Im Auftrag Cosimos gründete Marsilio Ficino die Accademia Fiorentina, in der Plato gehuldigt wurde.

Lorenzo il Magnifico (1449 bis 1492), Enkel Cosimos, war Schüler Ficinos und Landinos. Er wird heute noch in italienischen Schulbüchern als Dichter genannt. Unter Cosimo und Lorenzo entwickelte sich Florenz zu einem kulturellen Zentrum. Die Grabdenkmäler für Lorenzo und seinen Bruder Giuliano in der Sakristei von San Lorenzo konzipierte kein geringerer als Michelangelo. Architekt der Basilica war ein weiterer Star der Florentiner Kunstszene, Filippo Brunelleschi. Giuliano, dem Machiavelli sein Werk "Il Principe" (Der Fürst) ursprünglich widmen wollte, wurde 1478 im Dom während einer Messe von Mitgliedern der Familie Pazzi erstochen. Dessen Geliebte, Simonetta Cattaneo Vespucci, hat Sandro Boticelli in einem der berühmtesten italienischen Gemälde, der "Geburt der Venus", als Verkörperung der hüllenlos einer Pilgermuschel entsteigenden Göttin der Liebe verewigt. Giulianos unehelicher Sohn wurde pikanterweise Papst. Clemens VII. war Nachfolger eines anderen Medici-Papstes, seines Cousins Leo X., der Sohn Lorenzos. Ein weiterer Nachfahre Lorenzos, Leo XI., war der dritte Medici-Papst Leo X., der auch wie sein Vater vom Neoplatonismus geprägt war, förderte die Künste und Wissenschaften um ihrer selbst willen. Raffael wurde als Lieblingsmaler mit einigen großen Aufträgen in Rom betraut.

Leo X. und Clemens VII. wußten den Fortbestand der mediceischen Herrschaft in Florenz in Form eines Herzogtums zu sichern und durch internationale Familienbündnisse zu festigen. Clemens gelang es Katharina de' Medici mit dem zukünftigen König von Frankreich, Heinrich II., zu vermählen. Die zweite große europäische Macht lag in den Händen Karls V. Seine uneheliche Tochter Margarete wurde die Frau Alessandro de' Medicis, Katharinas Halbbruder. Nach dessen Ermordung 1537 kam Cosimo I. aus einer Seitenlinie an die Macht. Ihm gelang es durch geschickte Heiratspolitik, die Familie Medici als eine den älteren Fürstenfamilien ebenbürtige Dynastie zu verankern. Er heiratete Eleonore von Toledo und beider Sohn Francesco ehelichte eine Tochter Kaiser Ferdinands I., Erzherzogin Johanna von Österreich. Hier nimmt die etwas komplizierte verwandtschaftliche Beziehung zwischen den Häusern Medici und Habsburg ihren Anfang. An Johanna erinnern im Palazzo Vecchio Fresken österreichischer Städte. Neue fürstliche Residenz des Großherzogpaares wurde jedoch der auf der anderen Arnoseite gelegene Palazzo Pitti.

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