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Albin Egger-Lienz setzte der bäuerlichen Lebenswelt malerische Denkmale - zu sehen im Wiener Leopold Museum.

Der Maler stammt aus einer Gegend, wo Männer noch "richtige Mander" und direkte Nachfahren von Andreas Hofer sind. Unbeugsam und freiheitsliebend, so erzählen sie von sich in ihren Geschichten. Das mag in diesem Zusammenhang übertrieben und mutwillig klingen, würde nicht eine erkleckliche Anzahl der Bilder von Albin Egger-Lienz - und nicht die schlechtesten - diesen Eindruck unterstützen. Zu sehen in der Ausstellung zum 140. Geburtstag im Leopold Museum, die einen umfassenden Querschnitt durch alle Schaffensperioden zeigt, ergänzt durch geschickt eingestreute Referenzbilder wichtiger Zeitgenossen von Albin Egger-Lienz.

Der uneheliche Sohn eines Kirchenmalers und Fotografen studiert 1884 bis 1893 an der Akademie der bildenden Künste in München. Ausgestattet mit großem technischem Können, macht er sich danach daran, das Leben seiner Heimat (Ost-)Tirol zu dokumentieren. Selbst als er zur Jahrhundertwende nach Wien übersiedelt, ändert sich nicht viel an seinen Sujets. Davon vermag seine gegen zeitgenössische Kritik vorgebrachte Richtigstellung "Ich male Formen, keine Bauern" nicht abzulenken, so recht Egger-Lienz damit auch hat. Das Stadtleben interessiert ihn nicht, für ihn gibt es dort keine bildwürdigen Motive. Sein Blick ins Landleben lässt aber keine Romantisierung zu. Man findet dort eine ähnliche Tristesse wie in den proletarischen Vorstädten, oder der Bauer als Heroe passt nicht so recht zu den Tätigkeiten, die er ausführt. Daraus ergab sich eine schwierige Rezeptionsgeschichte, die im Grunde bis heute anhält, wo wir mit High-Tech-Fahrrädern über jene Berghänge brausen, auf denen Egger-Lienz' "Mäher" für ihr Überleben geschunden haben.

Albin Egger-Lienz war sich seiner Position zwischen den Stühlen bewusst. "Wenn die Welt untergeht und manche alte Werte und Begriffe sich verwischen, so steht mein Werk außerhalb des Rummels, wie ein Sein für sich", schrieb er 1912 in einem Brief. Mit dem Ersten Weltkrieg schien dann auch die Zeit des Untergangs angebrochen. Der "Kriegsmaler" schafft neben den Kriegspostkarten jene monumentalen Soldaten, die die Sinnlosigkeit ihrer Aktionen vor sich hertragen, die maschinenhaft verkrüppelt mit ihren riesenhaft gesetzten Schritten nicht vom Fleck kommen, um schließlich am Leichenfeld zu enden - nicht weil sie von außen getroffen worden wären, sondern weil sie implodiert sind. Da hilft kein Andreas Hofer mehr, diese Menschen konnten sich nicht mehr majestätisch aufrichten wie die Gebirgswelt, aus der sie stammen.

Auch die Arbeiten von Egger-Lienz, die Szenen aus dem Leben Jesu in die bäuerliche Welt der Alpen versetzen, brechen jegliche Süßlichkeit auf, die für diesen Teil der damaligen Kunstproduktion Standard war. Wen wundert es, dass sein auferstandener Christus aus der Kriegergedächtniskapelle in Lienz von 1925 bis 1950 warten musste, bis er sich den Gläubigen zeigen durfte?

Albin Egger-Lienz

Leopold Museum

Museumsplatz 1, 1070 Wien

Bis 22.6. tägl. 10-18, Do 10-21 Uhr

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