Männliche Intrige contra weibliche Raffinesse

Werbung
Werbung
Werbung

Schon scharrt Cecilia Bartoli mit ihrem Cleopatra-Projekt in den Startlöchern, aber noch gaben sich die Pfingstfestspiele neapolitanisch: mit Mercadantes "I due Figaro“ unter Muti als bejubelter Produktion.

Begonnen hat es im Juli 2005 mit einem Fischessen nach dem ersten öffentlichen Auftritt des knapp davor gegründeten Orchestra Giovanile Luigi Cherubini beim Ravenna Festival. Jürgen Flimm und Markus Hinterhäuser wollten mit Riccardo Muti künftige Projekte bei den Salzburger Festspielen besprechen. Aber bald war Pfingsten am Tapet. Jenes Festival, das einst Karajan für sich und sein Berliner Orchester ins Leben gerufen hatte und nach seinem Tod nicht und nicht Tritt fassen wollte.

Mutis Idee, für drei Salzburger Pfingsten Musik aus dem Umkreis der Neapolitanischen Schule aufzuführen, kam gerade recht. Und zwar nicht mit mehr oder minder denselben internationalen Stars und Ensembles, sondern mit jungen, am Beginn ihrer Karriere stehenden Sängerinnen und Sängern und eben seinem Cherubini-Orchester, mit dem er den Beginn mit einer Oper und den Abschluss mit einem Sakralwerk bestreiten wollte. Zwischendurch sollten andere Ensembles ihre Ideen zu "Neapel, Metropole der Erinnerung“ - was man für dieses neu erdachte Pfingsfestival als Motto kreiert hatte - beitragen.

Erweiterung auf fünf Jahre

Ob sich mit einem solchen, wissenschaftlich fundierten Konzept dieses dahinsiechende Salzburger Pfingsten würde retten lassen? So reserviert das erste Jahr mit Domenico Cimarosas zweiaktiger Buffooper "Il ritorno di Don Calandrino“ vom Publikum aufgenommen wurde, so schnell entschied man sich, diese auf drei Jahre ausgelegten neapolitanischen Pfingsten um zwei weitere zu erweitern. Muti erhielt damit Gelegenheit, den Bogen von den neapolitanischen Klassikern zu jenen Komponisten zu bauen, welche die Brücke zu Bellini, Donizetti und Verdi bilden.

Wie etwa Saverio Mercadante. Er lässt sich mit Salzburg schon deshalb gut in Verbindung bringen, weil er gleich dessen genius loci eine Figaro-Oper geschrieben hat. Allerdings mit dem Unterschied, dass "I due Figaro“ zwölf Jahre nach Mozarts "Le nozze di Figaro“ spielt. Figaro meint, gegenüber seinem Herrn längst die Oberhand zu haben und entscheiden zu können, wer die Tochter der Almavivas heiratet: Cherubinos früherer Diener Torribio, der dafür als Don Alvaro auftreten und Figaro, soferne der Coup gelingt, die Hälfte der Mitgift abtreten muss. Inez und ihr geliebter, als Figaro auftretender Cherubino - daher der Stücktitel - hätten das Nachsehen.

Schwungvolle Inszenierung

Aber was ist männliche Intrige gegen weibliche Raffinesse? Angeführt von Figaros Susanna machen die Damen diesen Absichten einen Strich durch die Rechnung. Sie dechiffrieren geschickt die Pläne Figaros, der letztlich froh sein muss, nicht des Schlosses verwiesen zu werden. Er steht schließlich ohne die sicher geglaubte halbe Mitgift da, weil Inez doch ihren Cherubino heimführt.

Schwungvoll hat Mercadante, beeinflusst von Rossini, Mozarts "Figaro“, aber auch von zahlreichen spanischen Tänzen diese Szenerie in Musik gesetzt, wie die Wiederentdeckung im Haus für Mozart unter der sprühenden Leitung Riccardo Mutis an der Spitze seines differenziert musizierenden Cherubini-Orchesters und des Wiener Philharmonia Chors bewies.

Emilio Sagi betonte in seiner Regie in dem mit Kitsch kokettierenden Säulenambiente (Daniel Bianco) das spielerische Element. Annalisa Stroppa führte als vitaler Cherubino die mit ausschließlich jungen Namen aufwartende Sängerriege an. Darunter die virtuose Elenora Buratto als Susanna, der simmgewaltige, gestisch steife Antonio Poli als Conte, die mit innigen Tönen aufwartende Rosa Feola als Inez oder Mario Cassi als viriler Figaro. Demnächst wird diese Produktion beim Ravenna Festival und im Madrider Teatro Real, das Salzburgs einstiger Impresario Gerard Mortier leitet, zu sehen sein. Er will mit Muti diese neapolitanische Serie auch fortsetzen.

In Salzburg wird künftig Cecilia Bartoli das Pfingstfestival gestalten. "Cleopatra - im Labyrinth von Eros und Macht“ hat sie als Thema ihres ersten Pfingsten gewählt. Mit Händels "Giulio Cesare in Egitto“ als von ihr mitbestrittener Einstandspremiere. Aber das ist schon das nächste Kapitel der Salzburger Pfingstfestspiele.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung