Mäßig ergreifende Gefühlswelten

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Michael Eybls Inszenierung von Giacomo Puccinis „La Bohème“ erntet starken Applaus für alle Beteiligten, auch wenn er mit seiner Vorstellung in Graz nicht an die emotionale Dichte der Aufführung seines verstorbenen „Meisters“ Dietmar Pflegerl herankommt.

Wunderbare Vermächtnisse hat uns der 2007, mit erst 63 Jahren viel zu früh verstorbene Dietmar Pflegerl hinterlassen. Eines davon: Giacomo Puccinis „La Bohème“, mit der der damalige Intendant des Stadttheaters Klagenfurt an seinem Haus 2003 einen Riesenerfolg einfuhr und vor allem mit der Schlussszene das Publikum zu Tränen rührte.

Leider kommt sein damaliger Assistent Michael Eybl nicht an diese emotionale Dichte seines „Meisters“ heran. Im Gegensatz zu seinem Vorbild schafft er es, weder die Sensibilität von Mimis kleiner Welt, noch die Gefühle der Protagonisten zueinander, noch den ausgefeilten Detailreichtum wie auch den unbändigen Witz der vier Künstler in der ärmlichen Mansardenwohnung im schon erlebten Ausmaß über die Rampe zu bringen.

Vor allem scheitert er daran, Chöre und Statisten, insbesondere im zweiten Bild, richtig und vital bewegen zu können. Da lässt er die vielen „Schickimicki“-Typen in heutigen, geschmackvollen Kostümen (Annette Zepperitz) im durch viel Glas, Licht und Chrom sehr ästhetisch und mondän wirkenden, mehrstöckigen Café Momus (Bernd-Dieter Müller) hauptsächlich herumstehen.

So solide wie die szenische Umsetzung ist auch das Niveau der Sänger: Adriana Damato singt die Mimi mit vielen innigen Tönen und kraftvoller Dramatik in den Höhen, jedoch wenig verständlich in den tieferen Lagen. Bei Arturo Chacón-Cruz als Rodolfo hört man alle Spitzentöne, aber auch ein gewöhnungsbedürftiges Timbre. Carlo Kang ist ein markiger, eindimensionaler Marcello, Margareta KlobuÇcar eine kokette, sehr modulationsfreudige Musetta, Wilfried Zelinka ein idealer Colline. Ivan Orescanin ist als Schaunard ebenso passabel wie die anderen, kleineren Partien und der Chor des Hauses (Einstudierung: Bernhard Schneider), der nicht immer eines Sinnes mit dem Grazer Philharmonischen Orchester ist.

Dieses spielt unter dem versierten Alberto Hold-Garrido in teils breiten Tempi sehr farbig, teils auch feinsinnig, aber leider teils auch so schaumgebremst, dass es auf Kosten der nötigen emotionalen Spannung geht. Starker Applaus für alle Beteiligten!

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