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Wäre nicht Österreich, hätten politische Auseinandersetzungen nicht auch einen kulturellen und kulinarischen Aspekt. Man könnte also meinen, dass solcherart Politik alle Lebensbereiche durchdingt, wie einst Kreisky es von der Demokratie behauptete. Es könnte aber auch sein, dass Politik im Gegenteil gar nicht stattfindet und durch Kultur - oder was so aussieht - und Kulinarik ersetzt wird.

Die Verteilung von Zuckerln und Manner-Schnitten im laufenden Wahlkampf wäre ein Indiz. Hierzulande, meinen die Strategen, wird die Stimme dem gegeben, dessen Süßigkeiten besser schmecken. "Mag man eben..." war der Slogan, und das heißt: ein/e süße/r Kandidat/in, gschmackig und knusprig wie eine Schnitte oder Krachmandel.

Dass der Staatsvertrag gemäß einer berühmten Karikatur durch Musik ("Jetzt noch die Reblaus...") und harte Getränke zustande gekommen ist, entspricht einer alten österreichischen Übung. Hermann Broch nannte sie einmal "die Entpolitisierung der Bürger, um die österreichische Staatlichkeit zu erhalten". Chianti oder Spargel: In der Politik geht die Liebe durch den Magen, auch die Liebe zu den Kandidaten.

Seit der Gegenreformation wird es in diesem Land für gefährlich gehalten, wenn die Bürger selbst denken oder sogar zu wissen glauben, was sie glauben sollen. Das einfache Volk, das wir alle sind, sollte die Politik denen überlassen, die etwas davon verstehen. Man stelle sich vor, dass auch Bischöfe gewählt würden und wahlkämpfen müssten! Nein! Da ist es einfacher, man eröffnet im Wiener Erzbischöflichen Palais Ecke Stephansplatz-Rotenturmstraße einen Süßigkeiten-Vertrieb. Wer redet da von Magenverstimmung? In Kürze wird die Firma Manner dort ihre Schnitten verkaufen - verwendet sie doch seit jeher die Stephanskirche als ihr Markenzeichen.

Der Autor ist freier Publizist in Wien.

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