Manchmal reicht auch eine Entschuldigung

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Wer etwa am Arbeitsplatz oder bei der Wohnungssuche aufgrund seines Geschlechts oder der Herkunft diskriminiert wird, der kann klagen. Der Rechtsdschungel ist aber dicht. Die Novellierung des Gleichbehandlungsgesetzes schafft, so Kritiker, wenig Abhilfe.

Sie können ja in der Küche arbeiten, aber Kellnerin, das geht in Ihrem Fall nicht." Frau C., gebürtige Südafrikanerin, hatte sich ihr Vorstellungsgespräch bei diesem Gastbetrieb anders vorgestellt, immerhin waren fünf Stellen im Service ausgeschrieben. Der Hinweis, dass sie diese Aussage als Beleidigung empfinde, rührte ihr Gegenüber kaum: "Das ist eben bei uns so." Frau C. fühlte sich wegen ihrer dunklen Hautfarbe diskriminiert. Die Beleidigung hatte ein Nachspiel.

Herr Ü. hatte eben erst die Scheidung von seiner Frau zu verkraften und suchte dringend eine Bleibe. Als Herr Ü., türkischer Abstammung, bei einer Vermieterin anfragte, bekam er zu hören, dass man im Haus keine Ausländer haben wolle - egal, ob mit oder ohne Staatsbürgerschaft.

Auch Herr Ü. machte, was nur die wenigsten Opfer einer Diskriminierung tun: er beschwerte sich - öffentlich, nicht nur im stillen Kämmerlein. Er wandte sich zunächst an den Verein ZARA (Zivilcourage und Anti-Rassismus) und schaltete die Gleichbehandlungskommission ein, die zur Feststellung von Diskriminierungen als außergerichtliche Schlichtung oder als Vorstufe zum Gericht eingerichtet wurde.

Doch wer seine persönliche Genugtuung sucht oder für die Gesellschaft ein Exempel statuieren möchte, der wird nur allzu oft enttäuscht. "Im Prinzip ist es nicht schlecht, ein kostenloses Verfahren außerhalb des Gerichts zu haben, aber in dieser Form ist es für die Katz", sagt Dieter Schindlauer, Obmann des Vereins ZARA. Die Verfahren würden sehr lang dauern und würden oft schlampig geführt, kritisiert auch Volker Frey, Generalsekretär des "Klagsverbandes", eines Dachverbandes mehrerer NGOs. Der "Klagsverband" wurde gegründet, um die Umsetzung der Anti-Diskriminierungsgesetze zu unterstützen. Auch die Beweisermittlung sei oft nicht sorgfältig, sagt Frey. Das Opfer einer Diskriminierung muss glaubhaft machen, aus diesem oder jenem Grund diskriminiert worden zu sein. Der der Diskriminierung Beschuldigte muss aber beweisen, dass er es nicht getan hat.

Kein einfacher Prozess; auch für Frau C. und Herrn Ü. Beide mussten sich mit der Tatsache abfinden, dass irgendwann Wort gegen Wort stand. Dennoch über ein Jahr später kam die Kommission in beiden Fällen zum Schluss: Es liegt eine Diskriminierung aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit vor. Die Beklagten konnten die Kommission nicht davon überzeugen, dass ihre Aussagen nur missverstanden worden sind. Immerhin; für viele Opfer von Diskriminierung ist diese Feststellung schon viel wert.

Bei Schadenersatzforderungen müsste aber das Arbeits- und Sozialgericht oder Zivilgericht angerufen werden. Die Schadenersatzsumme wurde zwar erhöht, sei aber immer noch relativ gering, vor allem angesichts der Gerichtskosten, und wenig abschreckend, sagt Schindlauer, der aber hinzufügt: "Für viele Betroffenen geht es nicht ums Geld, sondern darum, dass eine anerkannte Stelle sagt: Das war Unrecht."

Dass nun mit der Novelle alles besser wird, bezweifeln Fachleute. Die Kritikpunkte (hier nur einige) beziehen sich nicht nur auf das Verfahren, sondern vor allem auf das Gleichbehandlungsgesetz selbst: Es bedürfe einer Generalreform, fordert etwa die grüne Frauen- und Menschenrechtssprecherin Brigid Weinzinger. Kritisiert wird von den Grünen und der Gleichbehandlungsanwaltschaft (für Rechtsberatung bei Diskriminierung zuständig) der paradoxe Zustand, dass das Gleichbehandlungsgesetz Ungleichbehandlung beinhaltet: So sind etwa Männer und Frauen zwar auf dem Arbeitsmarkt und beim Zugang zu Gütern und Dienstleistungen vor Diskriminierung geschützt, nicht aber in Bereichen wie Bildung, Medien bzw. Werbung und Gesundheitsdienste. Ein homosexuelles Paar kann sich nicht beschweren, wenn es aufgrund seiner sexuellen Orientierung keine Wohnung bekommt. Möglich wäre diese Beschwerde aufgrund ethnischer Zugehörigkeit.

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Frauenministerin Doris Bures verteidigt diese Systematik trotzdem. Sie ist gemeinsam mit dem Wirtschaftsministerium für das Gleichbehandlungsgesetz zuständig. Für sie stehe im Vordergrund, dass der Rechtsschutz gegeben sei und alle Betroffenen zu ihrem Recht kommen würden, und das sei mit der Novelle jedenfalls gegeben, ist Bures überzeugt: "Darüber hinaus bringt die Novelle viele neue Rechte für Frauen, die im Berufsleben diskriminiert oder belästigt werden. Frauen im Job werden gestärkt", sagt Bures und verweist auf die neue Möglichkeit auf Schadenersatz. Die Ministerin will auch zusätzliche Stellen bei der überlasteten Gleichbehandlungsanwaltschaft durchsetzen.

Kritiker fordern auch die Möglichkeit der Verbandsklage, etwa bei Pauschaldiskriminierungen und sich wiederholenden Mustern von Benachteiligungen. Verbandsklagen sind bisher nur im Bereich Arbeits- und Konsumentenrecht vorgesehen.

Wenn beispielsweise auf einem Campingplatz steht "Keine Zigeuner!", müsste ein Vertreter der Roma tatsächlich um einen Campingplatz ansuchen und weggewiesen werden, dann erst dürfte er sich beschweren oder klagen. bog

Zum Thema Integration siehe auch Seiten 8, 11 und 14

www.klagsverband.at

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