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Markttag zu Frankfurt

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Osterreich liest und Deutschland liest mit” meint das Plakat zur 47. Frankfurter Buchmesse. Hoffentlich lesen beide überhaupt, könnte es einem durch den Kopf schießen. Der Bundeskanzler Österreichs wollte zur Messeeröffnung nach Deutschland kommen, mußte seinen Besuch aber absagen wegen der Budgetkrise zu Hause, Deutschlands Bundeskanzler verweilte kurz im österreichischen Pavillon, inmitten der ausgestellten Literatur eines Landes, das er ohnehin nicht als „Ausland” ansieht.

Wir zogen gegen Frankfurt. Ein paar Musiker, ein paar Autoren und ein paar Schauspieler. Das Vienna Art Orchestra, die Mozart Band, die Extremschrammeln. Und die Frau Mayröcker und die Frau Frischmuth, die Frau Mitgutsch und die Herren Artmann, Rosei, Schindel, Bauer und Turrini. Zusammengeladen, um aus eigenen Werken zu lesen im Rahmen eines Vorkommnisses, das sich „Oh du mein Österreich” überschrieb und sich eine literarisch-musikalische Soiree untertitelte. Wir Schauspieler, die wir gemeinhin keine eigenen Werke hervorzubringen gehalten sind, lasen aus solchen anderer, die in unserem Lande zur Feder greifen oder gegriffen haben. Schauplatz: Frankfurts Alte Oper, auf die der Begriff „neu renoviert” sehr zutrifft.

Mehr oder weniger pünktlich erscheinen die Kollegen zur mittäglich angesetzten Probe, der Nebel läßt nicht alle Flugzeuge rechtzeitig landen. Ein bißchen ver- und zerstreut sitzen wir im Zuschauerraum des in jeder Beziehung „großen” Saals, die Damen und Herren wollen's kurz machen, sie müssen vor der Soiree noch hinüber zum eigentlichen Schwerpunkt, dem Pavillon, zwecks Interviews und anderer literarischer Verabre-dungen. Wir Schauspieler bleiben, wir wissen um die Tücken von Mikrophonen und Mikroports, ohne welche es in diesem Baum abends nicht abgehen wird.

In der fußfreien Reihe entsteht zwischen den Herren Kollegen Schmidinger, Schenk und Muliar aus Wartezeitvertreib eine Stegreiftripleconference der besonderen Art über wahre und eingebildete Wehwehchen der reiferen Jahrgänge, die uns weibliche Mitwirkende vor Lachen über unsere Handtaschen fallen läßt.

• In unser Gackern fällt ein leise Stimme, von oben, von der Bühne. Das Mikro trägt sie von Stuhlreihe zu Stuhlreihe bis in unsere Hirne. Genau und unbeugsam spricht Friederike Mayröcker ein Gedicht von Friederike Mayröcker. Totenstille. Das Wort ist da, der fast vergessene Anlaß zu diesem Jahrmarkt.

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