Masken aus ganz Europa

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Eine bedeutende Sammlung wurde neu katalogisiert

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Von Masken geht eine faszinierende Wirkung aus. Wenige Objekte offenbaren so viel menschliche Gemeinsamkeit wie die Masken der Völker, ob aus den Alpenländern, Südeuropa, Afrika oder Ozeanien. Katrin Adler zieht den Horizont ihres Buches "Masken aus Europa" nicht so weit, wie schon der Titel sagt. Was aber nichts macht. Denn das Bewusstsein der Gemeinsamkeit aller Menschen wird Allgemeingut, während uns derzeit die europäischen Gemeinsamkeiten partiell aus dem Blickfeld zu entschwinden drohen. Dies war freilich nicht das Motiv der thematischen Eingrenzung. Es war praktischer Natur, wodurch das schmale Buch nicht weniger interessant wird.

Es gab in Berlin, wie in Wien, ein Museum für Völkerkunde und ein Museum für Volkskunde. Anders als in Wien gab es in Berlin sogar zwei Museen für Volkskunde, in zwei durch eine Mauer getrennten Staaten. Seit dem 24. Juli 1999 sind das Berliner Museum für Völkerkunde mit seiner Sammlung Europa und das aus der Vereinigung der Museen für Volkskunde in Ost- und Westberlin entstandene Museum für Volkskunde Berlin im Museum Europäischer Kulturen vereint. Und mit ihnen die jeweiligen Bestände von Masken. Das neue Museum soll sich den Unterschieden, aber mehr noch den Gemeinsamkeiten europäischer Lebensweisen widmen. Was lag näher, als die wissenschaftliche Bearbeitung des Bestandes europäischer Masken.

Die Autorin nutzt die Gelegenheit zu einem Streifzug durch Geschichte und Gegenwart der europäischen Masken. Während das berühmte Museum des Karnevals und der Maske in Binche, Belgien, systematisch den Aufbau eines repräsentativen Querschnitts durch ein spezielles Thema anstrebt, ist die Berliner Sammlung zu großen Teilen unsystematisch, ja zufällig zusammengekommen. Das verleiht ihr den mitunter bekanntlich starken Reiz des Zufälligen. Auch Katrin Adlers Buch ist ein Buch der Zufallsfunde für jeden, der sich für Masken interessiert. Die Disziplinen der Volks- und Völkerkunde, die Tiefenpsychologie und die Mentalitätsforschung, die bei den Masken so oft fündig werden, und nicht zuletzt auch das Bedürfnis nach der Dimension des Magischen finden darin einen gemeinsamen Brennpunkt.

Wir erfahren, dass manche Forscher die Perchten auf die Vermummung der Aussätzigen zurückführen, die ihr Kommen den Gesunden mit Glocken und Schellen ankündigen mußten. Dass in dieser Lesart nach dem Verschwinden der Lepra im 17. Jahrhundert die Verkleidung zum Vorwand für allerlei Schabernack und daher sozusagen ins Brauchtum verbannt worden sei. Dass Masken in Rumänien bei der Totenwache eine wichtige Rolle spielten, vor allem im Paar der "Alten". Dass Masken eine wichtige Rolle bei der Suche nach regionaler und lokaler Identität spielen. Dass der moderne Punker Ende der siebziger Jahre in Portugal als Maske eine Rolle im Brauchtum erhielt. Aber auch, dass "uralte" Bräuche mitunter erst kürzlich erfunden wurden. Und viel über die Hersteller der Masken. Fazit: Ein anregendes Buch.

Masken aus Europa Von Katrin Adler, Gebr. Mann Verlag, Bilderhefte der Staatlichen Museen zu Berlin, Berlin 2000, 84 Seiten, Bilder, brosch., öS 256,-/e 18,60

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