Massenvernichtungswaffe Nr. 1 im freien Verkauf

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Neben 9/11 wird auch 9/13 als Datum, das Angst und Schrecken und Tausende Tote nach zieht, in die Geschichtsbücher eingehen: Seit Montag dieser Woche, 13. September, ist das Sturmgewehr Kalaschnikow in den USA wieder im freien Verkauf erhältlich. Der US-Kongress hat das vor zehn Jahren unter Bill Clinton verabschiedete Verbot dieser Waffe nicht mehr verlängert - die mächtige Waffenlobby National Rifle Association konnte sich durchsetzen.

"Tödlichstes Kampfsystem"

Jetzt gibt es sie also wieder in den Schaufenstern der amerikanischen Waffenläden: die Kalaschnikow, die gefährlichste Feuerwaffe des 20. Jahrhunderts - eines der wenigen Relikte des Kalten Krieges, das mühelos den Sprung in die neuen Zeiten geschafft hat. Kaum ein Produkt - vielleicht mit Ausnahme von Wodka - gilt so sehr als Synonym für Russland wie das Schnellfeuergewehr. Aber genau wie beim Wodka bleibt Produktion und Verwendung nicht auf Russland beschränkt. Heute stellen 15 Länder Versionen der Kalaschnikow her, darunter Polen, Ungarn, Nordkorea, Kuba, Indien und Ägypten. In ihrer ursprünglichen oder modifizierten Form gehört die Kalaschnikow in 55 Staaten zur Standardausrüstung der Streitkräfte. Sechs Staaten haben die Kalaschnikow gar zum Bestandteil ihres Wappens gemacht.

Wie schon im Vietnamkrieg sollen auch jetzt wieder amerikanische Soldaten im Irak zur Kalaschnikow greifen, sobald ihnen ein Exemplar in die Hände fällt. Denn Sand, Staub, Schlamm können der einfach gehaltenen Kalschnikow nichts anhaben. Außerdem soll das russische Sturmgewehr auf kurze Distanz wesentlich mehr Durchschlagskraft besitzen. Soll heißen: Das Gewehr tötet mit deutlich weniger Patronen.

In einem Weltwoche-Artikel nennt Michael Klare, Professor für Friedensstudien in Massachusetts, "halbwüchsige Männer mit Kalaschnikow" das "tödlichste aller Kampfsysteme". Bis zu neunzig Prozent ihrer Opfer seien Zivilisten, vor allem auch Kinder. Über hundert Millionen Kalaschnikows wurden seit ihrer Entwicklung 1947 gebaut. In den Jahrzehnten seither sollen die "Awtomat Kalaschnikow 47" (AK-47) und ihre Nachfolgemodelle ein Vielfaches mehr Menschen getötet haben als die sogenannten Massenvernichtungswaffen.

Warum Kalaschnikow weint?

"Wenn ich im Fernsehen sehe, dass meine Waffe von der falschen Seite, wenn man so sagen kann, benutzt wird, kommen mir die Tränen", sagt Michail Kalaschnikow, der Erfinder des legendären Sturmgewehrs. Vielleicht rührt es den Namengeber aber auch nur deswegen, weil er weiß, dass er keinen einzigen Kopeken an den Millionen Sturmgewehren mit seinem Namen verdient.

Der Amateur-Bastler hatte zum Ende des Zweiten Weltkriegs als junger Unterleutnant der Roten Armee nur eines im Sinn: Dem Vaterland zur Verteidigung eine technisch gute Waffe zu bauen. Den Auftrag dazu gab er sich selbst; und wie er die Waffe präsentierte, steckte in Stalin zuerst einmal dafür ins Gefängnis, bevor er ihn später zum Deputierten des Obersten Sowjets machte. Heute hat der bald 85-jährige Kalschnikow nur mehr einen Wunsch: "Ich warte seit langem darauf, dass jemand eine bessere Maschinenpistole erfindet."

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