Medien und Politik: ein schwieriges Verhältnis

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Parteitage werden nicht mehr abgehalten, sondern inszeniert. Politiker punkten im Fernsehen nicht mehr mit Inhalt, sondern mit ihrem Aussehen. "Die Medien sind Akteure, die die Gesellschaft maßgeblich bestimmen.“ Zu diesem Schluss kommt Stefan Karner, Historiker und Leiter des Medienlehrgangs der Uni Graz. Anlässlich ihres 125-jährigen Bestehens veranstaltete die Studentenverbindung Carolina in der Vorwoche in Graz eine Diskussion über die Macht der Medien in Österreich. Für Ernst Sittinger, Mitglied der Chefredaktion der Kleinen Zeitung, ist diese Macht unübersehbar. "Österreich ist eine Mediokratie“, meinte er. Schuld an diesem Missstand seien die Politiker, da sie feige seien und ihren Auftrag falsch wahrnähmen. Für eine Demokratie seien Medien jedoch essentiell: "Sie sind in der öffentlichen Diskussion die ehrlichen Makler von Informationen.“ Nicht an diese absolute Macht der Medien glaubt Walter Müller vom Standard: "Trotz massiver Unterstützung durch die Kronen Zeitung wurde Hermann Schützenhöfer in der Steiermark nicht Landeshauptmann.“ Österreich werde in Wirklichkeit von Kammern, Interessenvertretungen und den Lobbys regiert. Für Gerhard Draxler, den ehemaligen Info-Direktor des ORF und nunmehrigen steirischen Landesdirektor, sind die Lobbys sogar schon die "fünfte Macht“ im Staat, neben Gesetzgebung, Regierung, Rechtssprechung und eben Medien.

Kontrollfunktion

Einen Blick von außen auf die heimische Medienszene warf Alfred Grinschgl, Chef der Rundfunk- und Telekom-Regulierungsstelle, kurz RTR. "Wir müssen zwischen Medien und Journalismus differenzieren.“ In China, Kuba oder Ungarn übernähmen Medien keine Kontrollfunktion, sondern seien Verlautbarungsorgane. "Was die österreichischen Sender betrifft, fällt mir die Dokumentation über Frank Stronach auf Puls4 ein: Sie hat keine einzige kritische Stimme enthalten.“

Trotz mittlerweile dreier Wahlniederlagen für die FPÖ in diesem Jahr wird sich Österreich wohl auch in Zukunft mit dem Phänomen Rechtspopulismus auseinandersetzen müssen, meint Grinschgl. Laut einer Studie des Publizistik-Instituts der Uni Zürich hat die Zahl der Boulevardmedien in Österreich massiv zugenommen: Zählten in den 1960er-Jahren nur 20 Prozent der Big Player dazu, sind es heute 70 Prozent. Mit weitreichenden Folgen: "Die Boulevardisierung der Presse eröffnet dem Rechtspopulismus mediale Resonanz- und politische Erfolgschancen, die durch Globalisierungsängste und Krisenperioden noch erhöht werden“, schreiben die beiden Studienautoren Esther Kamber und Jens Lucht im ORF-Public Value Report 2012/13.

Doch wie gegensteuern? Für Draxler ist klar: "Der ORF fragt sich nicht, was Seher und Hörer wollen, sondern wie er dem Bildungsauftrag als öffentlich-rechtlicher Sender nachkommen kann.“ Für Christoph Biró, Chefredakteur der Steirer-Krone, ist das wenig glaubwürdig: "Wir kennen Hunderte Beispiele von Sendungen, die wegen der geringen Quote abgedreht wurden.“

Knappe Geldmittel

Sorgenfalten bereitet dem ORF derzeit das Aus für die Gebührenrefundierung, gibt der Landesdirektor unumwunden zu. Zur Erinnerung: bisher bekam der öffentlich-rechtliche Sender vom Staat jenes Geld zurücküberwiesen, das ihm durch Gebührenbefreiungen entging. 2013 waren das 30 Millionen Euro. Nun soll es damit vorbei sein. "So wird der ORF ans Gängelband der Politik genommen“, fürchtet Draxler. 2014 werde es eine massive Einsparungswelle geben, Altersteilzeit- oder Golden-Handshake-Regelungen seien bereits ausgeschöpft, Kündigungen unvermeidbar.

Welche Auswirkungen der stetige Erlösrückgang aus dem Inseratengeschäft für Printtitel haben wird, ist unabsehbar. Kleine-Ressortleiter Sittinger: "Guter Journalismus kostet richtig viel Geld. Es gibt wenige Dinge, die so teuer sind.“ Standard-Redakteur Müller sieht den Umwälzungen mit einem weinenden und einem lachenden Auge entgegen: "Es ist ein Konsolidierungsprozess, der schmerzhaft, aber journalistisch spannend wird.“

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