Medien und Terror: Win-Win-Situation

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Was wäre gewesen, wenn die Medien angemessen über das missglückte Selbstmordattentat von Detroit berichtet hätten? Soll heißen, ohne die Nachricht vom Beinahe-Flugzeugabsturz aufzubauschen, ohne neuerlich Angst vor Al Kaida zu schüren – in einer kleinen Notiz, beiläufig sozusagen? Kaum ein Politiker würde sich mit Nacktscannern profilieren wollen. Um noch eins draufzusetzen: Wäre Al Kaida nicht bald machtlos, wenn selbst „gelungene“ Selbstmordattentate nur noch wenig Medienaufmerksamkeit auf sich lenkten? Die Medien ignorieren ja tagtäglich tausend andere Gewalttaten und Kriege auf der Welt.

Das ist natürlich ein absurdes Gedankenspiel, aber es zeigt, dass die Medien, ob sie wollen oder nicht, zu Komplizen des Terrornetzwerks geworden sind. Es ist an der Zeit, ihre Rolle genauer unter die Lupe zu nehmen. Dies ist selbstverständlich kein Plädoyer für Nachrichtensperren oder Zensur. Im Gegenteil: Die Medien und der Journalismus selbst sollten viel häufiger zum Gegenstand von medialer Berichterstattung werden. Die Medienforschung wäre längst in der Lage zu zeigen, dass ein Großteil des Terrors gar nicht von Al Kaida ausgeht, sondern von willigen und gedankenlosen Helfershelfern, die dem Terrornetzwerk zu unverdienter medialer Aufmerksamkeit verhelfen.

Der Schweizer Ökononom Bruno Frey hat schon 2004 im Buch „Dealing with Terrorism: Stick or Carrot?” hingewiesen, dass Terroristen und Journalisten „ein rationales Interesse an einem spektakulären terroristischen Anschlag teilen“. Beide seien „an der Nachricht interessiert“, und beide „wollen den Vorfall so lange in den Schlagzeilen halten wie möglich“. Dies sichtbar zu machen – und verantwortungsbewusst darüber aufzuklären, wie gering letztlich die Risiken für Fluggäste sind, Attentats-Opfer zu werden, wäre wirksamere Terrorbekämpfung als alle Nacktscanner und Flughafen-Kontrollen dieser Welt.

* Der Autor ist Kommunikationswissenschafter in Lugano/CH

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