Header_Navigator-Coudenhove - © ARTINGER Guenter/ART

Barbara Coudenhove-Kalergi: Das Gewissen des guten Österreich

19451960198020002020

Barbara Coudenhove-Kalergi ist eine Wandlerin zwischen den Welten. In einem FURCHE-Dossier hat sich Barbara Coudenhove-Kalergi im Jahr 1999 Gedanken zu Österreichs Intelligenz gemacht. Der eigentliche Platz des Intellektuellen, heißt es da, sei der des Beobachters und Kommentators. Das ist auch der Platz der gebürtigen Pragerin, die sich stets für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte stark gemacht hat und macht. In ihren FURCHE-Kolumnen hat sie sich immer wieder mit dem Kirchenvolksbegehren beschäftigt.

19451960198020002020

Barbara Coudenhove-Kalergi ist eine Wandlerin zwischen den Welten. In einem FURCHE-Dossier hat sich Barbara Coudenhove-Kalergi im Jahr 1999 Gedanken zu Österreichs Intelligenz gemacht. Der eigentliche Platz des Intellektuellen, heißt es da, sei der des Beobachters und Kommentators. Das ist auch der Platz der gebürtigen Pragerin, die sich stets für soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte stark gemacht hat und macht. In ihren FURCHE-Kolumnen hat sie sich immer wieder mit dem Kirchenvolksbegehren beschäftigt.

Werbung
Werbung
Werbung

Intellektuelle schreiben über andere Intellektuelle - das ist die Devise fast aller Elite-Publikationen. Da werden auch oft alte Rechnungen beglichen oder neue präsentiert, Vorschusslorbeeren verteilt und Exkommunikationen ausgesprochen.

Das sieht man auch zum Beispiel am Fall der von Barbara Coudenhove-Kalergi erwähnten französischen "Meisterdenker". Nun wird Bernard-Henri Lévy selbst durch kritische Biographien entzaubert. Das ändert allerdings nichts an seinem Kurswert, wenn er etwa in den Fußspuren von Alexis de Tocqueville das heutige Amerika beschreibt.

Ehrfurcht, dann Zielscheibe

Ebenso ist zum Beispiel der von Coudenhove-Kalergi erwähnte Philosoph Rudolf Burger wegen seiner unorthodoxen Ansichten über die Einschätzung der FPÖ am Höhepunkt der Haider-Hysterie zu einer bevorzugten Zielscheibe jener geworden, die ihn noch vor nicht allzu langer Zeit mit Ehrfurcht zitierten. Kurz: Die Intellektuellen prägen ihre Zeit, aber ihr Bild in der Öffentlichkeit spiegelt gleichzeitig auch die politischen und gesellschaftlichen Wandlungen wider.

Intellektuelle sind zweifellos unbequem, aber ihr Spielraum ist in Österreich doch relativ beschränkt. Dass die Magazine und die Zeitungen Gastkommentare abdrucken, ändert freilich nichts an der Tatsache, dass gerade die von Coudenhove-Kalergi erwähnten Magazine (News, Format, Profil) durch die bebilderten und ständigen Großberichte über Jörg Haider und die FPÖ zeitweilig mehr zu den Erfolgen des rechtspopulistischen Lagers beigetragen haben als zum Beispiel die viel kritisierte Kronen Zeitung.

Im österreichischen Milieu besteht gerade wegen der Kleinheit des Landes die Gefahr der Netzwerke. Zu diesen gehören nicht nur, wie einst, die CV-Verbindungen oder die inzwischen wohl viel einflussloser gewordenen Freimaurer, sondern auch bestimmte linke Netzwerke mit Wurzeln in der sozialistischen Jugendbewegung, in der 68er-Generation, und zum Teil auch in den Reihen der zahlenmäßig zwar sehr kleinen, aber doch einflussreichen ex-kommunistischen Revisionisten.

Netzwerk-Gefahren

Es genügt, das Impressum und die Liste der bevorzugten Gastkolumnisten beziehungsweise Mitarbeiter so mancher Magazine und Zeitungen anzuschauen, um diese Feststellungen zu illustrieren. So wäre zum Beispiel die Bedeutung des Menasse-Clans von Deutschland bis Österreich ein dankbares Thema für eine Dissertation...

Barbara Coudenhove-Kalergi gehört in eine absolute Sonderkategorie: als Sprössling einer aristokratischen Familie mit Wurzeln in Böhmen und Japan; als Journalistin, die von Presse und Neuem Österreich bis zu Arbeiterzeitung sowie Profil und Standard für fast alle Zeitungen und Zeitschriften als Mitarbeiterin oder Kolumnistin tätig war und zum Teil immer noch ist; als eine Intellektuelle, die zum Katholizismus ebenso feste Verbindungen hat wie zu den Revisionisten in der einstigen KPÖ. Als Ehefrau des außer Ernst Fischer vielleicht einzigen herausragenden intellektuellen kommunistischen Politikers, Franz Marek, hat sie hautnah das Schicksal der jüdischen Altkommunisten nach deren Bruch mit Moskau kennengelernt.

Anregend, unabhängig

Dann kam sie zum ORF, wo sie mit ihrer unvergleichlichen Stimme Generationen über Mittel- und Osteuropa aufgeklärt hat. Sie war eine unabhängige Chefreporterin der von mir geleiteten Redaktion für Ost- und Südosteuropa des ORF- ein nicht immer angenehmes, aber stets anregendes persönliches Verhältnis.

Barbara Coudenhove-Kalergi ist vor dem oben zitierten Hintergrund - und das ist nicht überraschend - eine Art tabuisiertes Tabu. Sie ist aber vor allem das Gewissen des guten Österreich, eine Persönlichkeit, die noch heute hellwach die gefährlichen politischen Tendenzen nicht nur beobachtet, sondern auch zur zeitgerechten Abwehr aufruft.

Der Autor ist Leiter des ORF- "Europastudios" und Chefredakteur der "Europäischen Rundschau".

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung