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Der Intendant

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Zur Kür des neuen ORF-Generals.

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Kandidaten für den Posten des Generalintendanten der österreichischen Rundfunkgesellschaft haben noch bis 28. Februar Zeit, ihre Bewerbung einzureichen. So liest man im Amtsblatt der Wiener Zeitung, wo dieser Posten entsprechend den Bestimmungen des Rundfunkgesetzes öffentlich ausgeschrieben wurde. Gerüchte um potentielle Generalintendanten kursierten schon vor einigen Monaten, noch vor Verabschiedung des Gesetzes. Jetzt, vor dem entscheidenden Termin — die Auswahl trifft der Aufsichtsrat am 9. März —, schwillt die Flut der Namen und Gerüchte wieder an. An die 20 Personen werden als mögliche Kandidaten genannt. Hinter den Kulissen scheint die Entscheidung jedoch bereits gefallen; eine Entscheidung, die zunächst überrascht, wenn man sich die Zusammensetzung des Aufsichtsrates vor Augen hält.

Die Vertreter der ÖVP haben sich jedoch offenbar noch auf keinen Kandidaten einigen können — teils aus Mangel an durchschlagskräftigen Leuten, mehr aber noch aus fehlendem taktischen Geschick. Das kurzfristige Lancieren und ebenso kurzfristige Fallenlassen von Kandidaten im Ringelspiel der Interessengruppen ist vermutlich keine geeignete Methode, echte Anwärter „aufzubauen“. Dazu bedarf es eines Minimums an Konsens, und das nicht nur in den letzten Wochen.

Unter diesen Umständen ist es nicht verwunderlich, daß zur Zeit der Mann, dessen Name von den Initiatoren des Volksbegehrens ins Spiel gebracht wurde, die größten Chancen hat, der erste Generalintendant des österreichischen Rundfunks zu werden: Gerd Bacher, der gegenwärtige Geschäftsführer des Otto-Molden-Verlags. Von der „entsprechenden Vorbildung beziehungsweise fünfjährigen einschlägigen oder verwandten Berufserfahrung“, die das Gesetz als Vorbedingungen für die Bewerbung fordert, ist Bacher zumindest die „verwandte Berufserfahrung“ schwer abzusprechen. Seine recht bewegte journalistische Vergangenheit reicht von den Anfängen als Lokalreporter der Salzburger Nachrichten über den ehemaligen Bildtelegraf bis zum Chefredakteur des Expreß und der Wiener Redaktion der Illustrierten Stern. Der Erfolg des Molden-Verlags, auch jenseits der österreichischen Grenzen, spricht zudem für die organisatorischen und Managerqualitäten des Kandidaten Bacher.

Reorganisation und Management stellen zunächst sicher die dringlichsten Aufgaben des neuen Generalintendanten dar. Über diesen organisatorisch-technischen Problemen sollte aber der ursprüngliche Zweck des Volksbegehrens, der Wille der 832.000, die es unterzeichneten, nicht vergessen werden: den Rundfunk aus dem Tummelplatz des parteipolitischen Provinzialismus zum unabhängigen Sprachrohr des kulturellen Österreich zu machen.

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