Der ORF als Krisengewinnler

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Nein, das ist keine unverhoffte Verschnaufpause für den ORF. Ja, das ist ein unerwartet siebtes Leben von Alexander Wrabetz. Mehr hat aber nicht einmal die sprichwörtliche Katze. Nun ist er sogar länger Generaldirektor, als Heinz-Christian Strache FPÖ-Chef war. Doch das öffentlich-rechtliche Medienhaus bleibt auch abseits der unqualifizierten blauen Angriffe ein größerer Sanierungsfall, als selbst die gefühlt ewige Baustelle auf dem Wiener Küniglberg vermuten lässt.
Die Regierungskrise gibt dem ORF die Chance, vom Re(d)aktions- in den Aktionsgang zu schalten. Dabei benötigt der von den Freiheitlichen seit Jahren strategisch als Rotfunk verunglimpfte Aktuelle Dienst weniger Veränderung als das Selbstverständnis des Unternehmens.
Ein Anfang für dieses Change-Management wurde unter Druck der blauen Drohungen gesetzt. Der Zeithorizont von 18 Monaten wirkt nun realistischer, als er es unter dem historischen Irrtum Türkis-Blau sein konnte.
Die Explosion dieser Koalition verschafft dem ORF in doppelter Hinsicht einen Weg aus der Krise. Er ist der heimliche Gewinner des längsten Tages der Zweiten Republik, wie Samstag, der 18. Mai 2019, schon bezeichnet wird, weil kaum jemand sich erinnern kann, seit dem 11. September 2001 einmal so lange ununterbrochen ferngesehen zu haben. Und wie damals Armin Wolf gelang diesmal Tobias Pötzelsberger per Moderationsmarathon die Chancen­ergreifung im Sinne von „A Star is Born“.
Die etwas verzögert souveräne Situationsbewältigung durch seine TV-Info hat den ORF im Publikum schlagartig wieder als kaum verzichtbar verankert. Parallel dazu steckt das Damoklesschwert zur finanziellen Beschneidung vorerst wieder in der Scheide der parteilichen Raubritter. Neben diesem neuen Haben des ORF bleibt jedoch die Medienpolitik tief im Soll. Wrabetz darf nicht auf sie warten.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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