Medienpolitikpaket: Wirtschaftliche Interessen auf Kosten des Journalismus
Letzte Woche stellte die türkis-grüne Bundesregierung ihr erstes Medienpolitikpaket vor – ein politikschonendes, schwaches Gesellenstück. Die Qualitätsjournalist(inn)en im Land hätten sich viel mehr verdient. Ein Gastkommentar.
Letzte Woche stellte die türkis-grüne Bundesregierung ihr erstes Medienpolitikpaket vor – ein politikschonendes, schwaches Gesellenstück. Die Qualitätsjournalist(inn)en im Land hätten sich viel mehr verdient. Ein Gastkommentar.
Das letzte Woche von der türkis-grünen Regierung vorgestellte erste Medienpolitikpaket beinhaltet ein paar mutlose Schritte in die richtige Richtung, ein paar fatale völlig konträr dazu, und viele Schritte wurden versäumt.
Der Umgang mit der Wiener Zeitung ist ein Musterbeispiel, wie sehr guter Journalismus medienpolitisch ruiniert wird. Große Teile der Unternehmerschaft sind begeistert, dass sie für Transparenz im Wirtschaftsprozess schaffende Veröffentlichungspflichten an das Amtsblatt der Wiener Zeitung nichts mehr zahlen müssen. Gesellschaftlicher Weitblick ist Fehlanzeige. Niemand in dieser Gruppe erwähnt, dass eine Medienpolitik, die die Wirtschaft entlastet, auch verpflichtet ist, eine Lösung für die Existenz der Tageszeitung der Republik zu schaffen.
Die Wiener Zeitung wird auf eine Digitalausgabe und zehn Printausgaben pro Jahr heruntergefahren. Das ist ihr Tod als gedruckte Tageszeitung mit Jahresende und das baldige Sterben der digitalen publizistischen Einheit. Denn die besten Köpfe werden rasch von anderen Medien herausgekauft sein.
Tod auf Verlangen der Wirtschaft
Diese Medienpolitik verschärft die beängstigend hohe Pressekonzentration im Land weiter. Mehrere Modelle wurden von verschiedener Seite vorgeschlagen, aber keines von der Regierung ernsthaft in Erwägung gezogen. Man kann es Tod auf Verlangen der Wirtschaft nennen oder Krepieren mangels Regierungsmutes für kreative, neue Lösungen
Statt der Wiener Zeitung tatsächlich eine Chance im Sektor Journalismus zu geben, werden unter ihrem Mantel künftig mit enorm viel Geld – fünf Millionen pro Jahr – Journalist(inn)enausbildung und Medienkompetenzbildung betrieben. Da die Firma direkt im Besitz der Republik und dem Bundeskanzleramt gegenüber verantwortlich ist, droht eine staatliche Ausbildung jener Berufsgruppe, die in einem Höchstmaß unabhängig sein sollte. Das ist fatal und kann nur als zumindest völlig naive oder aber dreiste Konstruktion begriffen werden. Sie ist, da die bestehenden Aus- und Weiterbildungseinrichtungen nicht mit mehr Förderung rechnen dürfen, für diese möglicherweise auch ruinös, wie Daniela Kraus vom Presseclub Concordia im Ö1-Medienmagazin „#doublecheck“ kritisiert hat.
Journalistische Qualität stärker zu fördern, indem diese sich an der Zahl der redaktionellen Mitarbeiter(innen) orientiert, ist ein richtiger Schritt. Aber in den ministeriellen Konsultationen der Fachleute haben diese viel mehr sinnhafte Kriterien genannt: Warum nicht ein Förderzuschlag für jene Medien, die bei der freiwilligen Selbstkontrolle des Österreichischen Presserats ihre ethischen Standards weiterentwickeln? Warum kein Förderzuschlag für jene, die Maßnahmen zur Förderung der Diversität ihrer Redaktionen setzen? Auch die Inklusion von Menschen mit Behinderung in Medienredaktionen wäre einen Förderbonus wert. Die Journalismusförderung der 2020er Jahre sollte weniger gestrig daherkommen.
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