Richard Nimmerrichter (1920–2022)

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Ein Nachruf auf den verstorbenen, langjährigen „Krone“-Kolumnisten, Richard Nimmerrichter.

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Ein Nachruf auf den verstorbenen, langjährigen „Krone“-Kolumnisten, Richard Nimmerrichter.

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Richard Nilius, Journalist bei der Arbeiter-Zeitung, publizierte ebendort am 1. Dezember 1946 eine berührende Reportage über den Oberleutnant Schimek, der nach dem Krieg wieder zum Herrn Schimek geworden war, und der aber nicht mit den neuen Verhältnissen fertig werden mochte, sprich: dass man als Angehöriger der Hitlerarmee keinen Staat mehr machen konnte. Aber was wäre gewesen, wenn Hitler den Krieg gewonnen hätte? „Dann wärst du“, so Nilius, „heute nicht der armselige, sich nicht zurechtfindende Herr Schimek, sondern der Major Schimek, deine Arroganz würde keine Grenzen kennen, du wärst aufgeblasen bis ins Unendliche ... Ja, du bist auch dem Hitler zum Opfer gefallen, aber nur deswegen, weil die anderen, Gott sei Dank, den Krieg gewonnen haben!“

Richard Nilius war ein Pseudonym für Richard Nimmerrichter, der am 6. Februar im Alter von unglaublichen 101 Jahren in Wien verstorben ist. Noch unglaublicher aber scheint, dass oben zitierter Text aus der Feder jenes Mannes stammte, der zwischen 1964 und 2001 tagtäglich (mit bloß zwei Ausnahmen!) als „Staberl“ in der Kronen Zeitung sein (Un-) Wesen trieb. 58 Verurteilungen wegen übler Nachrede brachte ihm seine Tätigkeit ein (Anklagen deswegen waren es noch viel mehr).

Ein Schmähtitel, der ihm verpasst wurde, war „Hausmeisters Voice“, weil Nimmerrichter immer genau den Ton des Stammtischs traf. Das bedeutete natürlich auch immer ein Kokettieren mit dem Antisemitismus, der in Österreich nicht auszurotten ist, sowie verharmlosenden Zugang zu den NS-Verbrechen – aber nur so weit, dass es gerichtlich gerade noch durchging.

Obwohl er also bei der Arbeiter-Zeitung begonnen hatte, wurde ihm alles Linke zum roten Tuch, und was nach 2001, seinem Abgang bei der Krone, Tassilo Wallentin am Sonntag und Michael Jeannée an Wochentagen sich herauszurotzen trauten, war eigentlich nur ein Abklatsch dessen, was Staberl in den Jahrzehnten zuvor vorgelegt hatte.

Weil ihm Hans Dichand ein fürstliches Gehalt zahlte und Nimmerrichter schließlich 1,43 Prozent an der Krone überließ, war der viermal verheiratete Kinderlose auch ein steinreicher Mann, der sein Geld nicht zuletzt in seine Gemäldesammlung – vorwiegend Exponate aus der Biedermeierzeit – steckte. Noch zu Lebzeiten hat er diese dem Niederösterreichischen Landesmuseum vermacht.

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