Medienpolitik-Sklerose 2.0

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Eigentlich gute Zeiten für die Medien: Der unversehens hereingebrochene Wahlkampf und dessen mutmaßliche Intensität werden sich ordentlich in die Auftragsbücher der Inseratenabteilungen der Medien einschreiben. Das gilt speziell für den Boulevard, aber auch die Qualitätsmedien werden einige der Brosamen der Mittel abbekommen, die die Parteien in die zu erwartende Mutter aller Wahlkämpfe werfen werden.

So weit, so - finanziell - gut. Aber war da nicht etwas, das die medienpolitische Sklerose, die Österreich seit Jahrzehnten lähmt, aufbrechen sollte? Minster Thomas Drozda wollte die Medienförderung auf neue Beine stellen. Nicht nur, dass die, die beim Wort Qualitätsmedien seit Jahr und Tag auch öffentlich die Nase rümpfen, sich in diese Debatte längst erfolgreich hineinlobbyiert haben: Von Wolfgang Fellner bis zur Familie Dichand wird der Boulevard jubeln, was da nun einmal mehr auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird.

Die zweite Medien-Baustelle ist Drozda noch nicht einmal angegangen. Dabei klingen die politischen Begehrlichkeiten in Richtung ORF gleichfalls besorgniserregend. Keine Frage, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Diskussion stehen muss: Die Balance zwischen "Public Value" und Kommerz ist beim ORF mehr denn je Thema. Und dass speziell die Landesstudios fest in den Händen der jeweiligen Landesherrscher sind, bleibt beständiges Ärgernis. Dennoch gilt es mit Argusaugen zu beobachten, dass gerade eine künftige Regierung nicht an der redaktionellen Unabhängigkeit des ORF herumbastelt.

Mag ja sein, dass die neue Konkurrenz für den ORF belebend ist. Aber auch da darf man skeptisch sein, wenn ein Projekt sich zwar "Quo vadis veritas?" nennt, aber am Tropf des Limonade-Oligarchen im Lande hängt. Und was Wolfgang Fellner zur Qualitätsverneblung imstande ist, zeigt er seit letztem Herbst auch mit seinem TV-Sender oe24.tv.

Es wäre schlicht ein Wahnsinn, wenn man glaubte, ob dieser Medien sei das öffentlich-rechtliche System obsolet. Dass der ORF in einem, gelinde gesagt, verbesserungswürdigen Zustand ist, ändert nichts daran, dass er als Plattform des öffentlichen Diskurses unverzichtbar bleibt.

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