Mehr als juridische Anerkennung nötig

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Österreichische Muslime feiern 2012 das 100-Jahr-Jubiläum der gesetzlichen Anerkennung des Islam in Österreich: 1912 wurde das Islam-Gesetz beschlossen. 1979 wurde die islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGiÖ) als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegründet. Dieses Jahr startete auch das von Integrations-Staatssekretär Sebastian Kurz ins Leben gerufene "Dialogforum Islam“, an dem Vertreter der islamischen Verbände, der Ministerien und Interessenvertretungen sowie Fachleute teilnehmen. Zu diesem Projekt gibt es kritische Stimmen von Muslimen: Sie meinen, es gäbe ja schon die IGGiÖ, die schon seit Jahren bestehe. Dies stimmt natürlich, allerdings reicht die institutionelle Anerkennung des Islam allein nicht aus, um die gesellschaftliche Anerkennung der Muslime voranzutreiben.

Die Muslime befinden sich in Österreich weiterhin in einem Rechtfertigungseck. Sie müssen regelmäßig erklären, warum sie dies oder jenes in ihrer Religion so handhaben bzw. warum es bei ihnen soziale Defizite, vor allem im Bildungsbereich, gibt. Die Imame werden weiter im Ausland angeworben und eine islamisch-theologische Fakultät, an der sich Muslime mit ihrer Religion auseinandersetzen können, fehlt ebenfalls. In Deutschland, wo der Islam als Gemeinschaft nicht anerkannt ist, gibt es mittlerweile mehrere islamisch-theologische Lehrstühle. Auch nimmt dort die Zahl muslimischer Akademiker schnell zu.

Die juristische Anerkennung bietet zwar eine Basis für eine bessere Eingliederung des Islam in die Gesellschaft, sie reicht aber bei Weitem nicht aus, um alle Herausforderungen zu bewältigen. Denn Integration ist ein Prozess, der Zeit braucht. Das neue "Dialogforum Islam“ ist ein weiterer Schritt in diesem Prozess, um den Austausch zwischen Staat und Islam zu institutionalisieren.

Der Autor ist Prof. f. Islam. Religionspädagogik an der Uni Münster

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