Mehr als nichts, weniger als etwas

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Die aktuelle Ausstellung des Kunsthauses Bregenz zeigt eine extra fürs KUB geschaffene "Räumliche Sequenz“ von Florian Pumhösl und in der Arena im Erdgeschoß sieben Positionen von Künstlern, die sich mit Nairobi, der Hauptstadt Kenias, befassen.

Die extreme Reduziertheit von Florian Pumhösl und das pralle Leben, gegenständlich, Geschichten aus dem Leben der afrikanischen Künstler erzählend, ergänzen einander im Kunsthaus Bregenz auf wunderbare Weise. Im ersten Stockwerk ist der Betrachter in die reduzierte Welt des Florian Pumhösl hineingeworfen. Im Pressegespräch meinte Pumhösl in einem Wortspiel, er wolle dem Betrachter etwas "zumuten“, lieber noch etwas "zutrauen“. Jedenfalls ist vom Betrachter, wie nicht selten in der zeitgenössischen Kunst, die Entscheidung gefordert, diese Werke als Kunst zu begreifen oder eben nicht. Das konkrete Werk umfasst Gipstafeln in drei verschiedenen Größen, die jeweils zu dreien zusammengefasst sind. Der Künstler hat selbst mithilfe eines Stempels Linien auf den Gips gedrückt, wobei sich das Strich-Motiv immer wiederholt. Dabei lässt sich im ersten Stockwerk noch so etwas wie Fläche und Raum ausmachen. Drei Quadrate erinnern an den Grundriss des Kunsthauses, wobei der Künstler selbst versichert, dies sei Zufall, ihm gehe es um die reine Form.

Fassbare Stille

Im zweiten Stockwerk hat Pumhösl gedanklich mit den Mustern auf Webstühlen experimentiert, die präkolumbianische Webtechnik der Inkas ist hier Pate gestanden. Im dritten Stockwerk nähern sich die Trio-Gruppen ganz der reinen Abstraktion. Ein bisschen mehr als nichts und ein wenig weniger als etwas ist da auf der Bildfläche zu sehen. Die Abstraktionsversuche der klassischen Moderne von Paul Klee bis Kasimir Malewitsch sind Vorläufer, die der Künstler als solche respektiert. Die Striche erinnern auch an Partituren des Komponisten des Nichts, John Cage, und man wird den Verdacht nicht los, dass hier auch Raum gewordene Musik im Spiel ist. Außerdem strahlen diese Werke eine große Ruhe aus, eine geradezu fassbare Stille, die zu Kontemplation einzuladen im Stande sind.

Hier im Kunsthaus stellt sich die Frage, was jetzt eigentlich die Kunst sei - die Trios von Florian Pumhösl oder die Betonwände von Peter Zumthor, beide gehen auf jeden Fall eine herausragende Verbindung ein. Kurator Rudolf Sagmeister sieht Pumhösl sogar stark im Dialog mit Zumthor, und so ist es die Kontextabhängigkeit, die hier in Bregenz absolut sehenswerte Werke entstehen lässt. Jedenfalls ist die Auseinandersetzung mit dem konkreten Ausstellungsraum immer noch eine wichtige Konstante in seinem Werk. Vielleicht nicht mehr so offensichtlich, wie in der legendären Gruppenausstellung "Backstage“ im Hamburger Kunstverein, wo der damals 22-jährige Pumhösl vorgab, dass für die Dauer der Ausstellung alle Türschlösser der Institution ausgebaut werden sollten und somit das Ausstellungshaus im realen wie im metaphorischen Sinn seine Zugänglichkeit öffnete. Die multimediale Arbeitsweise Pumhösls, die Filme, Installationen, Objekte und Glasmalereien umfasst, reduziert sich hier in Bregenz in der "räumlichen Sequenz“ auf die spärlich bedruckten Gipsplatten.

"Silicon Valley Ostafrikas“

Im Erdgeschoß geht es dagegen ganz zur realen Sache, konkret um Nairobi, das Ausstellungsmacherin Eva Birkenstock als "Silicon Valley Ostafrikas“ bezeichnet. Seien es nun die schönen Architekturfotos von Jacob Barua oder das Video aus der Kindheit von Laura Horelli oder die Baustellenbilder, eingepackt wie bei Christo, von James Muriuki oder die Kohlenzeichnungen von Peterson Kamwathi oder die Videoarbeiten von Sam Hopkins über das Begräbnis eines Kleinkriminellen oder die Modepuppen und Ausstellung von gespendeten Kleidern - der Betrachter taucht in die Fülle des afrikanischen Kontinents ein.

Florian Pumhösl: Räumliche Sequenz

Kunsthaus Bregenz, bis 20. Jänner 2013,

Di-So 10-18, Do bis 21 Uhr

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