Meister Zufall hat ausgedient

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In alten FAZ-Bänden war schlicht alles - nicht zu finden. Mit der Volltextsuche läßt sich das produktive Chaos meistern.

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In alten FAZ-Bänden war schlicht alles - nicht zu finden. Mit der Volltextsuche läßt sich das produktive Chaos meistern.

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Die FAZ bietet Dienstleistungen an, mit denen noch keine andere deutschsprachige Zeitung aufwarten kann. Sie produziert nicht nur Jahr für Jahr eine CD-ROM, die den gesamten Text aller Ausgaben des vorangegangenen Jahres enthält, sondern auch Spezial-CD-ROMs zu Themen wie Reise, Motor oder Buchkritik (letztere werden wir in einer der nächsten Ausgaben testen) sowie einen ganz besonderen Clou: Abonnenten erhalten für insgesamt 2.415 DM dreimal im Jahr den Text des abgelaufenen Vierteljahres auf CD-ROM und im folgenden Jahr den vollständigen Text des gesamten Vorjahres.

Der Vorteil für Firmen, Behörden, Botschaften, Handelsattaches und so weiter, aber auch für die FAZ, liegt auf der Hand. Die Zeitung schließt damit ein Stück der Lücke zwischen der täglichen gedruckten Ausgabe und der CD-ROM als Medium der historischen und biographischen Recherche. Die Stöße von Zeitungen der zurückliegenden Monate schrumpfen. Das Problem mit ihnen ist ja nicht nur eines des Platzbedarfs, sondern vor allem der Übersichtlichkeit. Oft genug würde ein Artikel benötigt, an den man sich vage erinnert: Die Suche entfällt wegen Aussichtslosigkeit. Dank der Zwischen-CD läßt sich nun auch zu einem Teil des laufenden Jahrganges blitzschnell zugreifen. Der Vorteil für das Verlagsmanagement: Die Bindung mit einer besonders informationsabhängigen Leserschicht wird verstärkt, zugleich wird sie mit dem Medium CD-ROM vertraut. Eine Dienstleistung, die freilich nur für ein Blatt mit geradezu offiziösem Charakter wie die FAZ sinnvoll ist.

Um testweise eines der Themen herauszugreifen, denen man im Volltext der FAZ nachgehen kann: Ökonomen werden über die differenzierte, in die Tiefe gehende Behandlung wirtschaftswissenschaftlicher Themen erstaunt sein. Wer mehrere Jahrgänge nach bestimmten Schlüsselnamen und Schlüsselbegriffen durchforstet, weiß nachher tatsächlich eine Menge über die Strömungen des ökonomischen Denkens unserer Tage, aber auch über ihre überraschenden Mäander. Eine Zeitgeschichte des ökonomischen Denkens wäre dank der elektronischen Suchmöglichkeiten leichter zu schreiben als noch vor kurzem. Viel davon spielt sich freilich in den Buchbesprechungen ab. Die Buch-CD-ROM erweist sich dabei als besonders wirtschaftlich. Sie sollte man zu Hause haben, während man die große FAZ-CD, die 1.725 DM kostet, in der Bibliothek benützen kann.

Kleiner Stolperstein Ich gehe also im Jahrgang 1996 (1997 ist noch nicht da) probeweise der Wirkungsgeschichte des österreichischen Ökonomen Ludwig von Mises nach: Drei Erwähnungen in Besprechungen im Lauf des Jahres, aber nur eine davon in einer Neuauflage von Mises selbst und daher im Register des gedruckten "Büchertagebuches" zu finden. Wer William Jevons nachgeht, dem Mann, der unabhängig von Carl Menger ebenfalls die subjektive Wertlehre erfand, der steht allerdings brutal an. Jevons kommt, in der Rezension eines Buches über Francis Edgeworth, zwar beiläufig vor, aber als Jevans. Also Fehlanzeige unter Jevons. Der Mensch ist auch bei der FAZ fehlbar, und Druckfehler erkennt auch die Volltextsuche nicht.

Die CD-ROMs einer Zeitung mit dem Qualitätsstandard, wie ihn die FAZ repräsentiert, summieren sich im Lauf weniger Jahre zu einem Kompendium des Wissens auf höchstem Aktualitätsstand, des Wissens im ununterbrochenen Werden, des Wissens über soziale Prozesse. Wer mit gebundenen Jahrgängen solcher Zeitungen arbeitet, kennt ihren weit über Tag und Jahr hinausreichenden Wert als Großlexika, in denen aber leider nur der Zufall die Rolle des Ordnungssystems spielt. Was immer einer wissen will, es steht drin. Aber niemand weiß, wo.

Erst die CD-ROM mit ihren blitzschnellen Suchmöglichkeiten macht diese labyrinthisch ineinander verschachtelten, jeder Systematik hohnsprechenden Anhäufungen politischer und wirtschaftlicher, sozialer und wissenschaftlicher Information zugänglich. Die Möglichkeiten, die sich dadurch ergeben, sind noch nicht absehbar. Es liegt schon heute in jedermanns Hand, entsprechend seinen Bedürfnissen davon Gebrauch zu machen.

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