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Molière im Landestheater St. Pölten.

Auf der Bühne dominiert kühle Eleganz. Designermöbel zwischen weißen Wänden und der Panoramablick aus der großen Glasfront signalisieren souveräne Weltläufigkeit. Molières Menschenfeind wird im Landestheater in St. Pölten im sorgenfreien Milieu der wirtschaftlich Erfolgreichen platziert, Gestik und Tonfall treffen präzis den Duktus der Reichen und Schönen. Die Übersetzung von Hans Magnus Enzensberger hat dem Klassiker neuen Geist und Witz entlockt.

Regisseurin Dora Schneider bringt Molières Komödie in einer stimmigen, unterhaltsamen Inszenierung auf die Bühne, in der es Schlag auf Schlag geht. Wirklich mitreißend ist die Aufführung aber nur teilweise. Manchmal ist die Handlung zu glatt gestrickt und zu gefällig in Szene gesetzt, die Zeichnung der Charaktere stimmt nicht immer. So verkörpert Konstanze Breitebner eine intelligente, selbstbewusste und auch eigenwillige Célimène. Eine kokette Verführerin ist sie aber keineswegs. Warum diese verschlossene Intellektuelle alle Männer in ihren Bann zieht, bleibt ein Rätsel.

Rätselhaft bleibt vor allem Zuneigung, mit der sie vom irritierten Alceste überhäuft wird. Aber gerade dieser Alceste lohnt einen Besuch im Landestheater. Joseph Lorenz spielt ihn nicht als tobenden Rappelkopf oder gehässigen Geiferer. Auf der Bühne steht keine Karikatur, sondern ein sensibler, kluger Mensch, dessen Verdruss über die Niedrigkeit der Mitmenschen man nachfühlen kann. Nur zu verständlich ist sein Unwille, sich an das Getue der Bussi-Bussi-Gesellschaft anzupassen.

Mirko Roggenbock (Acaste) und Matthias Lühn (Clitandre) sind zwei köstlich getroffene Vertreter dieser Spezies. Noch besser gelungen ist Thomas Mraz der obskure Möchtgernpoet Oronte, der sich schulterklopfend an jeden heranwirft, von dem er sich einen Vorteil verspricht. Sehr überzeugend auch Katrin Stuflesser in der Rolle der scheinbar moralischen, in Wirklichkeit aber berechnenden Arsinoé und Karin Yoko Jochum als liebenswürdig-ehrliche Éliante. Eigentlich schade, dass Alceste am Schluss den dunklen Trenchcoat zuknöpft, den Kragen hochstellt und mit der Erkenntnis "Ich weiß nur eins, dass ich die Menschen hasse" von der Bühne stapft.

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