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Das Grazer "Theater im Bahnhof" nippt an Elfriede Jelineks "Burgtheater".

Theaterkunst ist die flüchtigste Kunst und die intimste - wenn es gelingt, das Publikum wachzuküssen; langweilig jedoch wird es, wenn Wachheit mit einer gnadenlos abendfüllenden und aktiven Unterhaltung verwechselt wird. So passiert bei der Österreichischen Erstaufführung von Elfriede Jelineks "Burgtheater" im Grazer Theater im Bahnhof (TiB). Auch der höchst diffizile und bitterböse (zugleich Jelineks irrwitzigster) Text schützte den Regisseur Ed Hauswirth nicht, in gewohnter TiB-Manier (Slapstick-Elemente treffen drei Stunden lang auf Comedy) zu inszenieren. Jedenfalls wird im - mit Fans gefüllten - Grazer Heimatsaal(!) witzig, nackig (nicht immer) und in bester Laune gespielt. Die Darsteller agieren, als würden sie sich unentwegt in einer Art kreativer und kollektiver Notwehr b efinden.

Weniger als ein Drittel blieb vom Jelinekschen Urtext in Graz übrig, der erstmals in den manuskripten abgedruckt und 1985 in Bonn uraufgeführt wurde. Der damals ausgelöste Skandal in Österreich veranlasste Elfriede Jelinek, die österreichische Erstaufführung ans Burgtheater zu binden. Sie sicherte sich damit ein Aufführungsverbot. Die Satire in verfremdetem Wiener Dialekt nimmt sich das Burgtheater, als Inbegriff österreichischer Kultur, und die Schauspielerfamilie Wessely-Hörbiger vor, die sich von der Nazi-Propaganda-Kunst einspannen ließ.

Im August 2004 erhielt das TiB von Elfriede Jelinek den Spielzuschlag, mit der Begründung, das Stück soll, wird es in Österreich inszeniert, außerhalb eines Staatstheaterrahmens gezeigt werden. Vermittelt hat der Wiener Festwochen Dramaturg Jochen Herdieckerhoff.

Fleißig ummontiert, zerschnipselt und angespaßt trifft so Nobelpreisliteratur auf "Die sechs Unglaublichen" (Martina Zinner, Andreas Kiendl, Lorenz Kabas, Beatrix Brunschko, Michael Ostrwoski und Eva Maria Hofer). Als zeitgenössisches Volkstheater versteht sich die Grazer Truppe und ihr Spiel bleibt selbst von großartiger Literatur unbeeindruckt. Selbstbewusst heißt das dann: Mir spün Jelinek!

Elfriede Jelinek: Burgtheater

Heimatsaal, Paulustorgasse 13 a,

8010 Graz

Bis 20. Mai jeweils 20.00 Uhr

ticket@theater-im-bahnhof.co

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