Mit der Natur rechnen

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Kürzlich haben australische Forscher eine Hiobsbotschaft für das größte Korallenriff der Welt bestätigt: Wie sich am Great Barrier Reef seit dem Frühjahr abgezeichnet hat, gab es heuer die schlimmste Korallenbleiche seit Beginn der Aufzeichnungen. Das ist ein Alarmsignal für das drohende Korallensterben durch zu hohe Wassertemperaturen, bedingt vor allem durch den Klimawandel.

"Wir wissen, wie und warum die Natur in Mitleidenschaft gezogen wird; es mangelt nicht an Information", sagte Tony Juniper in seinem Vortrag bei der Wiener Konferenz "Mainstreaming Biodiversität" (29.11.)."Die Frage lautet also: Warum fällt es uns dann so schwer, die nötigen Schutzmaßnahmen zu ergreifen?" Für den britischen Biologen und Umweltaktivisten liegt das an einem "monumentalen Missverständnis", das in Politik und Wirtschaft weiterhin dafür sorgt, den Naturschutz oft nur als teures Hindernis für die Wettbewerbsfähigkeit anzusehen.

Doch diese Sichtweise entspricht bei genauerem Hinsehen nicht der wirtschaftlichen Realität. "Unsere Wirtschaft und Gesellschaft sind zu 100 Prozent abhängig von gesunden Ökosystemen", betonte Juniper. In seinem Bestsellerbuch "What has nature ever done for us?"(2013) hat er dies in vielen Episoden dargelegt und gezeigt, dass -so der Untertitel - Geld tatsächlich auf den Bäumen wächst. Die biologische Vielfalt erbringt ganz kostenlos "Leistungen" von unschätzbarem Wert, von denen der Tourismus, die Land-und Forstwirtschaft, der Handel oder nicht zuletzt unsere Gesundheit profitieren.

Die Arbeit der Aasgeier

Es ist ein bisschen wie im persönlichen Leben: Wie wertvoll dies ist, merkt man erst, wenn das Selbstverständliche wegfällt -die Recyclingmechanismen im Boden; die Kohlendioxidspeicherung durch die Regenwälder; der Hochwasserschutz durch Mangrovenwälder; die Bestäubertätigkeit der Insekten; et cetera. Der Redner präsentierte ein Beispiel aus Indien:

Als dort die Rinder in der Landwirtschaft mit neuen Medikamenten fit gehalten wurden, führte dies fast zum Aussterben der Aasgeier, da diese an den Medikamentenresten in den Kadavern zugrunde gingen. Ratten und streunende Hunde übernahmen die Funktion der Geier. Binnen weniger Jahre vermehrten sich die Hunde um Millionen: Viel mehr Tiere übertrugen nun die Tollwut, was wiederum der indischen Wirtschaft großen Schaden zufügte. Die Arbeit der Aasgeier wurde im Rahmen eines Biodiversitätsprogramms beziffert: Laut Experten erbringt ein Vogel Dienstleistungen im Wert von rund 9200 Euro pro Jahr. Insofern sei es auch ökonomisch sinnvoller, in den Geierschutz zu investieren als in aufwändige Kadaver- Entsorgungsanlagen.

Die vom Umweltdachverband organisierte Tagung in Wien fand im Vorfeld der 13. Vertragsstaaten-Konferenz der Konvention über die biologische Vielfalt statt. Diese wird am 4. Dezember in Cancun (Mexiko) eröffnet.

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