Mit der Sonne zum Exporterfolg

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Der Ausbau von Solarstrom stagniert in Österreich auf niedrigem Niveau. Doch etliche heimische Unternehmen reüssieren damit auf dem Weltmarkt.

"In Österreich herrscht eine totale Sonnenfinsternis." Als ehemaliger Journalist und Europaparlamentarier beherrscht Hans Kronberger das Stilmittel, Kritik in pointierte Formulierungen zu verpacken. Anlass zu solcher hat der Präsident des Bundesverbandes Photovoltaik Austria (PVA) derzeit mehr als genug. Zwar ist Photovoltaik, die direkte Erzeugung von Strom aus Sonnenlicht mittels Solarzellen, zweifellos eine der elegantesten und zukunftsträchtigsten Energietechnologien. Trotzdem kommt sie hierzulande nicht recht vom Fleck. So harrt die bereits im Sommer des Vorjahres vom österreichischen Parlament beschlossene Novelle des Ökostromgesetzes noch immer ihrer Notifikation durch die EU-Kommission. Das Gesetz regelt die Förderungen für Elektrizitätserzeugung aus erneuerbaren Energiequellen. Stein des Anstoßes ist eine Klausel, wonach energieintensiven Industriebetrieben teurer Ökostrom nur bis zu einer Kostengrenze von 0,5 Prozent ihres Nettoproduktionswertes zugeteilt werden soll. Brüssel sieht darin eine Verletzung des Beihilferechts. Auch die Arbeiterkammer macht Stimmung gegen die Ausnahmeregel. Ihr Argument: Was sich die Industrie dadurch erspart, müsste von den Endkonsumenten durch eine höhere Stromrechnung getragen werden. Doch selbst wenn die Novelle durchgeht, kann ihr Kronberger sowieso nicht allzu viel abgewinnen. Sieht sie doch eine Förderung neuer Photovoltaikanlagen in Höhe von maximal 2,1 Millionen Euro in Form garantierter Einspeisetarife für Solarstromerzeuger vor. Kleinere Anlagen bis fünf Kilowatt Spitzenleistung würden aus dem zwar gut gemeinten, aber etwas schwach dotierten Klimafonds gefördert. Dessen Mittel waren im Vorjahr bereits 16 Minuten nach Anstragsstart erschöpft.

Tschechien hat mehr Solaranlagen

"Das Gesetz bietet keinen gangbaren Weg, um die Photovoltaik in Österreich weiter auszubauen", sagt der Ökolobbyist und verweist auf die Zahlen. 2008 wurden hierzulande knapp 4,7 Megawatt neuer Leistung installiert. Zum Vergleich: In Deutschland waren es 1500 MW, in Spanien sogar 2600 MW. Und selbst unser viel gescholtener Atomstromnachbar Tschechien hat im vergangenen Jahr Solarstromanlagen mit einer Gesamtleistung von 51 MW neu installiert. Kronbergers Forderung ist deshalb eindeutig. "Weg mit der absurden Deckelung und her mit einer unbeschränkten Förderung", so sein - kaum mehrheitsfähiges - Credo.

Zweistellige Zuwachsraten jährlich

Würde sich die Betrachtung der heimischen PV-Szene in dieser Diagnose erschöpfen - sie böte wahrlich ein ärmliches Bild. Doch die janusköpfige Geschichte hat noch ein zweites, freundlicheres Antlitz. Der weltweite Photovoltaikmarkt wächst nämlich jährlich um zweistellige Prozente. Und heimische Zulieferbetriebe naschen dank innovativer Technologien kräftig mit am Sonnenkuchen. So etwa das Familienunternehmen Fronius, das sich mit Wechselrichtern einen hervorragenden Namen und Platz Zwei am europäischen Markt erkämpft hat. Diese Schlüsselkomponente jeder PV-Anlage wandelt den in Solaranlagen erzeugten Gleichstrom in netztaugliche Wechselspannung um. Jüngster Streich der Oberösterreicher ist ein kompakter Wechselrichter für Kleinanlagen bis fünf Kilowatt Leistung, der ohne Transformator auskommt. Mittels eines gewöhnlichen USB-Sticks lassen sich außerdem alle relevanten Daten der PV-Anlage aufzeichnen und später am PC auswerten oder archivieren. Nach eigenen Angaben Weltmarktführer ist die Firma Isovolta, die in ihrem Werk in Lebring Kunststofffolien zur Einkapselung von Solarzellen produziert. Die Folien sorgen für eine elektrische Isolierung der empfindlichen Zellen und schützen diese vor Witterungseinflüssen oder mechanischen Schäden. Dafür bestehen die Verbundfolien aus mehreren miteinander verklebten dünnen Schichten, von denen jede eine spezifische Schutzfunktion wahrnimmt. Auch die amerikanische Firma Ulbrich hat in der stark arbeitsteiligen PV-Branche ihre Nische gefunden. Sie stellt Kupferflachdrähte her, mit denen einzelne Solarzellen zu Modulen zusammengeschaltet werden. Beliefert werden rund 40 Prozent aller weltweiten Modulhersteller. Diese Verbindungselemente stellen eine nicht zu unterschätzende Größe im Gesamtsystem PV-Anlage dar. Solarmodulhersteller geben in der Regel nämlich 25 Jahre Garantie auf ihre Produkte. Genau so lange müssen die Kupferdrähte für einen zuverlässigen Stromfluss zwischen den Zellen sorgen. Die österreichische Tochter Ulbrich of Austria produziert im burgenländischen Müllendorf die Drähte für den europäischen Markt. Die Entwickler haben hier ein Verfahren entwickelt, um leicht verformbare Verbindungselemente mit Streckgrenzen deutlich unterhalb der industriell üblichen Standards herzustellen. Dadurch können Modulhersteller die immer dünner werdenden Solarzellen bei niedrigeren Temperaturen prozesssicher verlöten. Eine Leistung, die die amerikanische Mutter zu schätzen weiß: Die Produktionskapazität in Müllendorf soll heuer verdreifacht werden.

Eines haben die österreichischen Solarunternehmen gemeinsam. In Ermangelung eines Heimmarktes liegt ihre Exportquote bei durchschnittlich mehr als 95 Prozent. Im Falle des Tiroler Unternehmens Solon Hilber sind es sogar glatte 100 Prozent. Ihr Produkt heißt Mover und ist ein kompaktes Solarkraftwerk, das sich an einem Tag aufstellen lässt. Er besteht aus einer Stahlkonstruktion, auf der 12 oder 24 Solarmodule mit einer Fläche von 52 oder 104 Quadratmeter montiert sind. Jeder Mover hat bis zu 19 Kilowatt Leistung, ist in zwei Achsen beweglich und so programmiert, dass die Kollektorfläche sich automatisch dem jeweiligen Sonnenstand zuwendet. Dadurch ist die größtmögliche Lichtausbeute gewährleistet. Schaltet man mehrere Mover zusammen, erhält man einen formidablen Kraftwerkspark. Im bayrischen Arnstein etwa versorgen 1408 Mover mit einer Gesamtleistung von 12 Megawatt 8500 Einwohner mit Solarstrom.

Aufträge aus dem Mittleren Osten

Hauptmärkte der Tiroler sind Spanien, Italien und Deutschland. Geografisch noch weiter blickt Dieter Hornbachner, Geschäftsführer des Ingenieursbüros HEI Consulting. Für die Entwicklung von Solarmodulen, die sich als bauphysikalisch vollwertige Fassadenelemente einsetzen lassen, erhielt er 2008 mit Firmenpartner Ertex den Staatspreis für Energietechnologie. Jetzt liegt sein Fokus auf einer Eigenentwicklung - einer energieautarken Solarleuchte für den öffentlichen Raum.

"Die Idee war, ästhetisches Design und eine hohe elektrische Leistung zu vereinen", sagt Hornbachner. Die technologische Herausforderung bestand unter anderem darin, die Solarzellen in einen zylindrischen Glaszylinder zu integrieren. Etwa 100 Stück erhellen mit einem Wirkungsgrad von 20 Prozent bereits kabellos heimische Straßen. Das große Geschäft winkt in Südeuropa und im Mittleren Osten, von wo Hornbachner bereits zahlreiche Anfragen erhalten hat.

Über den heimischen Solarmarkt gibt er sich keinen Illusionen hin. "Österreich hat die Entwicklung leider verschlafen", meint er lapidar. "Es war den Regierungsparteien bisher nicht vermittelbar, dass Photovoltaik eine Schlüsseltechnologie der Zukunft ist." An Arbeit mangelt es ihm dennoch nicht. Vor zwei Jahren beschäftigte Hornbachner noch sieben Mitarbeiter, mittlerweile 27.

Es gibt sie also, die findigen Profiteure einer Energiequelle, die noch für fünf Milliarden Jahre Versorgungssicherheit garantiert. Vielleicht haben sie Schillers Worte aus der Elegie "Der Spaziergang" besser verstanden als manch anderer. Der Dichter schrieb: "Und die Sonne Homers, siehe! Sie scheinet auch uns."

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