Mit Dixieland ins nasse Grab

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"Deadline" im Kasino am Wiener Schwarzenbergplatz.

Wer vom Theater erwartet, dass es ihm mittels Schauspielkunst eine Geschichte erzählt, kommt bei der jüngsten Produktion im Kasino am Schwarzenbergplatz, der kleinen Filiale des Wiener Burgtheaters, zu kurz. Bei "Deadline", vom dreiköpfigen Regie-Team "Rimini-Protokoll" (Helgard Haug, Stefan Kaegi, Daniel Wetzel) bereits im April 2003 in Hamburg in Szene gesetzt und nun für Wien adaptiert, wird das Theater zum Hörsaal.

Auf der Bühne stehen keine Profis, sondern Menschen, die zum Thema Sterben etwas zu sagen haben: die junge Krankenschwester Alida Schmidt, jetzt Medizinstudentin, der Steinmetz Hilmar Gesse, der frühere Bürgermeister und Krematorium-Bauherr Hans-Dieter Ilgner, der Trauerredner Olav Meyer-Sievers, früher Spitalsfotograf, und zum Beisteuern Wiener Lokalkolorits der Trauersänger Erich Klug, ein echtes Bühnentalent, und Burgtheater-Oberbilleteur Alfred Ruppert, einst Arrangeur bei Bestattungen. In Einspielungen aus Deutschland sind noch ein älterer Herr, der um seine Frau trauert, zu sehen und eine Krankenschwester zu hören. Letztere versichert, dass alle Sterbenden das gleiche Wort auf den Lippen haben: "Mama."

Der Abend verläuft nicht spannend, aber informativ und bisweilen erheiternd. Die medizinischen Erklärungen - etwa das Sezieren einer Leiche - lösen weniger Reaktionen aus als die - inklusive der feinen Unterschiede zwischen Deutschland und Österreich - gründlich erläuterten Bräuche bei Begräbnissen: vom Herrichten der Toten bis zur Tiefe von Gräbern. Per Video verraten Burgtheater-Angehörige ihre Erfahrungen mit dem gespielten und dem echten Sterben auf der Bühne.

Kränze und Bildschirme dominieren die Szene, am Ende wird es finster - ja, ja, alle müssen einmal sterben. Der Oberbilleteur möchte einmal beim Anblick der "Australian Open" im Fernsehen das Zeitliche segnen. Hans-Dieter Ilgner wünscht sich eine Seebestattung im Kaspischen Meer, "weil das wärmer ist", zu den Klängen von Dixieland-Musik. Fallen solche Sätze, hat man wieder die wenige Jahre zurückliegende Burgtheater-Produktion "Pompes funèbres" vor Augen. Dort ging man mit dem Thema Tod theatralisch-unterhaltsam um, bei "Deadline" dominiert locker präsentierte Wissensvermittlung.

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