Die Volkspartei gibt ihrem Obmann Josef Pröll die Zeit zur Genesung. Seine Rückkehr ist für den 27. April geplant. Ein Arbeitsprogramm soll Themenführerschaft bringen, aber ohne Personaldiskussion und Regierungsumbildung.
Die Österreichische Volkspartei beginnt, so scheint es, sich von ihrer Schockstarre zu lösen. Langsam und vorsichtig kehrt wieder Leben in die Glieder der Partei. Mit einem intensiven Arbeitsprogramm will sie sich ab Ende April wieder voll in der Politik und in der Regierung zurückmelden, mit Veranstaltungen etwa am Europatag auch bei der Jugend.
Die Parteigranden sind mit Kommentaren zur aktuellen Lage äußerst zurückhaltend bis verschlossen. Zu groß ist das erkennbare Entsetzen über die äußerst schwere Erkrankung von Parteichef und Finanzminister Josef Pröll. Zu heftig waren die ersten Wortmeldungen nach dem Auffliegen der Affären von Ernst Strasser und Hella Ranner, die beide ihre Mandate im Europäischen Parlament zurücklegten.
Strikte Zurückhaltung
Josef Pröll solle sich nach seiner Genesung "aus der Geiselhaft der Partei befreien“ meinte etwa der steirische Landesparteichef Hermann Schützenhöfer. Jener Vorarlbergs, Herbert Sausgruber, sprach von einer "schwierigen Situation der Bundespartei“, Oberösterreichs Landeshauptmann Jo- sef Pühringer von "wütenden Funktionären“. Die insgesamt triste politische Lage brachte Klubobmann Karlheinz Kopf auf den Punkt: "Es geht uns im Augenblick nicht gut.“ Das soll sich ändern.
Die Linie, auf der Besserung gelingen soll, steht fest: Ruhe bewahren, Streit vermeiden, keine Personaldiskussion, Vorbereitung inhaltlicher Arbeit. Dafür gibt gibt es sogar in einzelnen Landesparteivorständen klare Voten, wie Tirols Landeshauptmann Günther Platter erklärt: "Wir stehen geschlossen hinter Josef Pröll. Wir müssen uns auf die Regierungsarbeit konzentrieren, die Themenführerschaft in verschiedenen Bereichen behaupten.“ Ähnlich Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll: Solange Josef Pröll nicht von der Rehabilitation zurückgekehrt ist, werde er keine Stellungnahme zur Bundespartei abgeben, ließ er Anfrager wissen.
Und diese Bundespartei plant eine Reihe von Veranstaltungen, ebenso wie die Wiener Volkspartei, die nach ihren Stimmen- und Mandatsverlusten dabei ist, sich geradezu neu zu erfinden. Am 13. April lädt Christine Marek, Klubchefin der ÖVP in Wien, zum Startschuss für die "Agenda Wien+“: In fünf Arbeitskreisen sollen zwischen 29. April und 10. Juni in offenen und moderierten Debatten die großen Fragen der Stadt erörtert werden. Daraus sollen sich die Handlungsanleitungen für die "Agenda Wien+“ ergeben, die 2012 beim Zukunftskongress präsentiert werden.
Ebenfalls in das Jahr 2012 plant die Bundesparteizentrale. Sie lädt für 20. und 21. Mai nach Innsbruck zu einem Programmkongress: 500 Teilnehmer debattieren mit ihren Regierungsmitgliedern in 40 Fachgruppen unter anderem die zentralen fünf Wertepaare der ÖVP. Konkrete Themen sind schon früher dran.
Den Auftakt bildet der Parlamentsklub, der nach interner Kritik versucht, wieder zu Geschlossenheit zu finden. Klubobmann Karlheinz Kopf lädt am 27. April zur Klubklausur. Das ist der Tag der Rückkehr von Josef Pröll. Er wird vor dem Klub sprechen, der sich zuvor unter Anleitung von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner und Lebensminister Niki Berlakovich sowie den aufgewerteten Bereichssprechern mit dem Thema Energiesicherheit befasst hat.
"Arbeit und Leistung“ ist der Titel der Veranstaltung zum 1. Mai, womit die ÖVP zu einem ihrer Kernthemen zurückkehren möchte. Einem anderen ihrer Themen, Europa, widmet sie sich am Europatag, 9. Mai. Außenminister Michael Spindelegger soll in Wien auch mit Jugendlichen internationale Politik debattieren, in Brüssel und in Wien sollen in parallelen Veranstaltungen vor allem die Fraktion der Abgeordneten zum Europäischen Parlament der Jugend Rede und Antwort stehen.
Damit, so hoffen es die derzeit leise tretenden Parteistrategen, hofft die Partei sich aus Schockstarre, Skandal und Formtief lösen zu können. Die Probleme haben inzwischen in Umfragen auf die Wähler durchgeschlagen: Meinungsforscher Peter Hajek sieht die ÖVP in Umfragen bei 25 Prozent Zustimmung, die SPÖ bei 26 und die FPÖ bei 29 Prozent.
Neustart
Nach Affären und der Lungenembolie von Parteichef Josef Pröll bereitet die ÖVP ihren Neustart vor, gibt sich schweigsam (oben: Günther Platter, Erwin Pröll, Josef Pühringer)
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